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Archiv-Artikel

Neuer Sparkurs an der VHS

CDU und SPD liebäugeln damit, die Kölner Volkshochschule zu privatisieren. Die VHS soll dadurch effizienter werden. Gewerkschaftler befürchten jedoch, dass sich das Bildungsangebot verschlechtert

VON SEBASTIAN SEDLMAYR

Bei der geplanten Neuausrichtung der Kölner Volkshochschule (VHS) geht es nicht etwa um Bildung, sondern um Geld. In der kommenden Stadtratssitzung am 5. Juli will die CDU/SPD-Koalition die Verwaltung beauftragen, die so genannte Ausgründung, also die Überführung der VHS in ein privatrechtliches Unternehmen unter Effizienzkriterien zu prüfen.

Die derzeit wahrscheinlichste Variante ist – jedenfalls fürs Erste – ein sanfte Privatisierung: Die VHS wird eine gemeinnützige GmbH, die weiterhin zu 100 Prozent der Stadt gehört. Der komissarische Geschäftsführer der CDU und Bürgermeister, Josef Müller, hatte diese Rechtsform Anfang Juni ins Spiel gebracht. Müller und seine Koalitionsfreunde erhoffen sich eine finanzielle Entlastung für die überschuldete Stadt. Denn eine eigenständig wirtschaftende VHS, so die Lesart, könnte wegen des geringeren Verwaltungsaufwands mittelfristig Kosten sparen und höhere Einnahmen erzielen. Dass damit fast zwangsläufig Arbeitsplätze gefährdet und Angebote verteuert werden, steht selbstverständlich nicht im Antrag der Großen Koalition.

Denkbar ist außer der gemeinnützigen auch eine reine VHS GmbH, in der Anteilseigner wie die Industrie- und Handelskammer, der Deutsche Gewerkschaftsbund oder freie Bildungsträger integriert werden und entsprechenden Einfluss auf das Angebot nehmen können. So geschehen in Braunschweig, wo die Stadt noch 92 Prozent hält.

Auch der stellvertretende grüne Fraktionschef Jörg Frank betont, im Vordergrund müsse die Erhöhung der Einnahmen stehen. Eine gemeinnützige GmbH hält er da nicht für „zielführend“, eher einen Eigenbetrieb nach Vorbild der Städtischen Bühnen. Für FDP-Fraktionsvize Ulrich Breite ist klar, dass eine ausgelagerte VHS „flexibler auf Nachfrage reagieren kann.“ So könne die VHS dann selbständig die Bezahlung der Dozenten regeln, die bislang vom Rat abgesegnet werden müsse. „Mal gibt es mehr, mal weniger, je nach Leistung und Ertrag“, stellt sich Breite vor. Lediglich die PDS stemmt sich prinzipiell gegen die Privatisierung. „Gerade der Bildungsbereich ist ursächliche Grundlage der kommunalen Daseinsvorsorge“, sagt PDS-Ratsherr Jörg Detjen.

Bis die Kölner VHS mit dem Kürzel GmbH firmiert, haben die finanzorientierten Koalitionäre noch einen weiten Weg vor sich. Für den Fall von Verschlechterungen für die Beschäftigten hat der Personalrat bereits Widerstand angekündigt. Fachbereichsvorstand Friedel Giesen-Weirich und Ver.di-Gewerkschaftssekretär Walter Büchner kritisieren die geplante Privatisierung auch wegen der befürchteten sozialen Auswirkungen: „Dies bedeutet konkret, dass im Grunde dann nur noch Bildungsangebote gemacht werden für die Karrieregeschichte und nicht mehr breit angelegte Angebote für die gesamte Bevölkerung“, heißt es in ihrer Stellungnahme zum Koalitionsvertrag.

Rund 6 Millionen Euro an Zuschüssen sind 2004 an die VHS geflossen. Die Zuwendungen sind in den vergangenen Jahren bereits drastisch gekürzt worden. Leidtragende sind einer Studie der Lokalen Agenda 21 zufolge vor allem Frauen, die zwei Drittel der Klientel ausmachen (taz berichtete).

Im niedersächsischen Papenburg sind diese Auseinandersetzungen beendet, die VHS seit letztem Jahr eine gemeinnützige GmbH, die zu 100 Prozent der Stadt gehört. Der stellvertretende Direktor, Hans-Hubert Wübbold, nennt außer der „Möglichkeit, aggressiver auf dem Markt zu arbeiten“, drei Gründe für die Entscheidung: „Erstens wollen die Gemeinden das Zuschussgeschäft aus dem Haushalt haben, zweitens können wir unabhängig vom Bundesangestelltentarif neu einstellen und drittens müssen wir frei gesetzte städtische Angestellte nicht übernehmen.“