Neuer DFB-Präsident Fritz Keller: Vertrauensbildende Maßnahmen

Der DFB wählt Fritz Keller zum neuen Präsidenten. Der legt auf dem Bundestag des Verbands einen überaus engagierten Auftritt hin.

Reinhard Grindel erklärt Fritz Keller etwas

Einarbeitungsphase: Reinhard Grindel (r.) erklärt seinem Nachfolger Fritz Keller, worauf es ankommt Foto: dpa

Bevor Fritz Keller zum neuen Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes gewählt wurde, war das Amt zurechtgestutzt worden. Der neue Chef des größten Sportfachverbands im Land hat zukünftig keine Richtlinienkompetenz mehr. Die Machtfülle, die Verbandschefs in der Vergangenheit genutzt haben, um vor allem ihre eigene Macht zu zementieren, wird Keller nicht haben.

Das höchste Entscheidungsgremium des Verbands, der Bundestag des DFB, der am Freitag in Frankfurt zusammengekommen ist, hat dafür die Satzung geändert. „Der Präsident ist oberster Repräsentant des DFB. Er leitet die Verhandlungen des Präsidiums und koordiniert die Arbeit der Mitglieder des Präsidiums unter Beachtung der Festlegungen der Geschäftsordnung“, heißt es nun in der Satzung.

Die ist in etlichen Bereichen geändert worden, um – wieder einmal – einen Neuanfang zu starten. Kellers Vorvorgänger Wolfgang Niersbach ist über die weiterhin ungeklärten Zahlungen im Zusammenhang mit der Vergabe der WM 2006 an Deutschland gestürzt. Und dessen Nachfolger Reinhard Grindel war nicht mehr tragbar, nachdem er von einem ukrainischen Topfunktionär eine edle Uhr als Geschenk angenommen hatte. So war es kein Wunder, dass an diesem Tag viel von Vertrauen die Rede war, das es bei den Vereinen und in der Öffentlichkeit zurückzugewinnen gilt.

So soll es demnächst einen Vergütungsausschuss geben, der festlegt, wie hoch die Honorare und Aufwandsentschädigungen von Präsidiumsmitgliedern im Verband sein sollen. Gerade Kellers Vorgänger Grindel hat es nie geschafft, offen mit seinen üppigen Einkünften, die sich aus Zahlungen des DFB, der Uefa und der Fifa für seine Gremienzugehörigkeit zusammengesetzt haben, umzugehen.

Fritz Keller, DFB-Präsident

„Der Fußball ist ein gesellschaftlicher Kitt. Wir sind eine Integrations­maschine. Wir sind das letzte große Lagerfeuer der Gesellschaft“

Keller, der sich in seiner Bewerbungsrede selbst als sparsam bezeichnet hat, legt zudem großen Wert darauf, die Mittel, die der DFB an seine Landesverbände weitergibt, nur zweckgebunden zu vergeben. Wenn etwas für die Jugendarbeit vorgesehen sei, dann müsse das auch nachgewiesen werden, „sonst haben wir gleich wieder die erste Überschrift“, so Keller.

„Nur gemeinsam geht’s.“

Der Verband, der mittlerweile 400 Millionen Euro im Jahr umsetzt, wie aus dem Bericht des Schatzmeisters Stephan Osnabrügge hervorgeht, wird zudem seine gewinnorientierten Geschäfte in eine GmbH auslagern. Das ist ein zentrales Projekt der Neuorientierung des Verbands, und gewiss auch eine Lehre aus der Aberkennung der Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006, in dem eine Zahlung an die Fifa von über 6 Millionen Euro nicht korrekt verbucht worden ist.

Um erst einmal zu sehen, wie der Verband organisatorisch und finanziell wirklich aufgestellt ist, beginnt Keller seine Arbeit mit einer externen Inventur. Jeder Beleg soll umgedreht werden. „Wer mich wählt, wählt eine Generalinventur mit“, so Keller. Auch das sieht er als Instrument, mit dem der Verband verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen kann.

„Nur gemeinsam geht’s.“ Unter dieses Motto hat Keller seine Präsidentschaft gestellt. Er fühlt sich dem Leistungssport dabei genauso verpflichtet wie „den Helden, die jede Woche drei oder vier Tage auf oder neben dem Rasen stehen“. Deren Vergütung über die Übungsleiterpauschalen, die bis zu einem Betrag von 2.400 Euro im Jahr steuerfrei sind, bezeichnete er als „lächerlich“ und forderte die Politik auf, hier für Veränderungen zu sorgen.

Diese Forderung kam bei dem 259 Delegierten aus dem Profifußball und den Landes- und Regionalverbänden des DFB ebenso gut an wie Kellers Vorschlag, den Vereinshelden ein „paar Rentenpunkte reinzuschreiben“. Wichtig sei das auch deshalb, weil der Fußball für Keller der ganz große gesellschaftliche Kitt ist. „Wir sind eine Integrationsmaschine, wir sind das letzte Lagerfeuer der Gesellschaft“, sagte Keller in einem der wenigen pathetischen Momente seines weitgehend frei vorgetragenen Redebeitrags.

Nachhaltig, ökologisch und gegen Diskriminierung

Er bemühte die Worte Vielfalt, Solidarität und Inklusion und versprach eine klare Positionierung gegen jede Form der Diskriminierung. Nachhaltig und ökologisch soll der DFB unter Keller zudem werden. Als Winzer wisse er, wie ernst es sei. „Wir lesen sechs Wochen früher als zu der Zeit meiner Großmutter.“ Jetzt soll sich ein Vizepräsident, der „möglichst CO2-frei für das Thema brennt“, sich explizit diesem Thema widmen.

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Bevor Keller dann noch klargestellt hat, dass es ihm schon auch darum geht, Weltmeistertitel zu holen, hat er noch das Thema Frauen im Fußball angesprochen. Seine Diagnose war gnadenlos: Es gebe viel zu wenige Frauen im Ehrenamt, und noch immer würden Frauen und Mädchen von den Vereinen nach Hause geschickt, weil nicht genügend Trainingsplätze zur Verfügung stehen.

Am Ende wurde Keller, der sein Amt als Präsident des SC Freiburg niedergelegt hat, ohne Gegenstimme gewählt, wie auch die Satzungsänderungen ohne Gegenstimmen durchgewunken wurden. So läuft es eben im DFB. „Wie schaut’s mit Gegenstimmen aus?“, fragte DFB-Vize Rainer Koch ein ums andere Mal, um dann festzustellen: „Sehe ich keine.“

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