: Neue rassistische Ausschreitungen in China
■ Jetzt auch in Peking Demonstrationen gegen afrikanische Studenten / Chinesische Studenten, die in Nanking ein Wohnheim der afrikanischen Gäste angriffen, werden nicht belangt, dafür sitzen zwei Afrikaner im Knast / Als „schwarze Bestien“ beschimpft
Nanking (ap/dpa/taz) Die Auseinandersetzungen zwischen chinesischen und afrikanischen Studenten haben am Dienstag auf die Hauptstadt Peking übergegriffen. 200 Chinesen, Studenten und Lehrkräfte des Spracheninstituts, demonstrierten dort, nachdem ein Afrikaner angeblich eine chinesische Frau belästigt hatte.
In den Auseinandersetzungen, die am 24.Dezember in der Großstadt Nanking an der chinesischen Ostküste begonnen hatten, war es am vergangenen Wochenende zu einem neuen Höhepunkt gekommen, als - wiederum in Nanking - die Polizei etwa 30 afrikanische Studenten auf offener Straße mit elektrischen Schlagstöcken an Gesicht und Genitalien mißhandelte. Ein Diplomat aus Benin, Gobo Bio Mamah, berichtete westlichen Journalisten am Montag, die Polizei habe die Studenten aus dem Speisesaal ihres Gästehauses in der Nankinger Vorstadt, wo sie gerade zu Abend aßen, auf die Straße gezerrt, sie gezwungen, sich nackt auszuziehen und sie nach den Elektroschocks in die Kälte geschickt. „So eine Art der Folter wäre nicht mal in Südafrika möglich“, sagte der Diplomat.
Zwei der mißhandelten Afrikaner, Ludovic Dossoumons aus Benin und Alex Dzabaku aus Ghana, befinden sich seit Samstag in Haft, der erste von beiden wurde bereits, - ohne sich in einem Prozeß verteidigen zu können - zu 15 Tagen Gefängnis verurteilt. Beiden wird vorgeworfen, während der Zusammenstöße am 24.Dezember einen Angestellten der Universität verletzt zu haben.
Der Anlaß des Konflikts, wie ihn später der Universitätspräsident der Presse schilderte: Afrikanische Studenten hätten chinesische Frauen zum Tanz und später auf ihre Zimmer eingeladen. Chinesische Studenten hätten daraufhin Steine gegen das Wohnheim der Ausländer geworfen. Elf Chinesen und zwei Afrikaner trugen Verletzungen davon.
Um die „Ausschreitungen“ zu unterbinden, habe man, so der Universitätschef, mit einer Mauer den Zugang zum Wohnheim blockiert. In der vergangenen Woche waren dann an vier aufeinanderfolgenden Tagen Tausende von chinesischen Studenten auf die Straße gegangen, um öffentlich die Bestrafung der - so lauteten die Parolen - „schwarzen Bestien“ zu fordern. 2.000 von ihnen wollten sich damit nicht begnügen, drangen in das Studentenheim ein und schlugen die Einrichtung kurz und klein. Daraufhin verbarrikadierten sich die Afrikaner und erklärten das Gästehaus der Universität zum „unabhängigen Königreich“. Die chinesischen Behörden sagten am Montag, die chinesischen Studenten würden für den Angriff auf das Heim nicht zur Verantwortung gezogen.
Statt dessen stürmte die Polizei das „unabhängige Königreich“. „Wir konnten uns gegen die etwa 300 Polizisten nur wehren, indem wir sie mit unseren Tellern bewarfen“, sagte ein Afrikaner, der entkommen konnte - während Ludovic Dossoumons und Alex Dzabaku in Händen der Polizei landeten.
Die Konflikte haben ganz offensichtlich einen rassistischen Hintergrund. Viele Chinesen betrachten Afrikaner als minderwertig, darüber hinaus werden sie als Träger von Aids stigmatisiert. 1.500 Afrikaner studieren derzeit in China, ein Viertel aller ausländischen Studenten. Die meisten bleiben etwa fünf Jahre, in denen sie zunächst die chinesische Sprache und danach ihr Fach studieren.
Henk
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