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Neue Umzugsdebatte durch »Kopfstellenmodell«

■ Bundestagsabgeordneter Wolfgang Weng (FDP): Ministerien sollen nur Kopfstellen in Berlin einrichten

Berlin/Bonn. Das »Kopfstellen- Modell« des stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion Wolfgang Weng hat die Debatte über den Umzug von Regierung und Parlament nach Berlin neu entfacht. Weng hatte vorgeschlagen, daß sämtliche Ministerien nur sogenannte Kopfstellen in Berlin einrichten und der Verwaltungsapparat in Bonn bleibt. Im Kabinettsbeschluß vom Dezember 1991 war festgeschrieben worden, daß ein Teil der Ministerien komplett in Berlin untergebracht wird und ein anderer Teil in Bonn verbleibt.

Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) hat das Modell des FDP-Politikers verworfen und sich gegen eine Neuauflage der Umzugsdebatte ausgesprochen. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages, Rudi Walther (SPD), und der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Franz Müntefering, hingegen unterstützen die Umzugs-Vorstellungen Wengs.

Nach Auffassung der Bundestagspräsidentin könne man nicht alle vier Wochen die Umzugsdebatte neu entfachen, die anvisierten Umzugstermine und den Beschluß des Bundestages wieder in Frage stellen. Das »Kopfstellen-Modell« paßt nach Auffassung von Süssmuth nicht in den Rahmen, den der Bundestagsbeschluß vom 20. Juni 1991 vorgibt. Danach muß die volle Arbeitsfähigkeit des Parlaments in Berlin auch von der Regierung sichergestellt werden. Es könne keine Lösung geben, die Abgeordnete dazu veranlasse, häufig zu pendeln, so die Bundestagspräsidentin. Der Bundestagsbeschluß weise eindeutig aus, daß dies nicht gewollt sei. Die Regierung habe mit ihrer Entscheidung vom 11. Dezember eine Kompromißlinie für die Funktionsaufteilung zwischen Bonn und Berlin vorgegeben.

Walther vertritt die Ansicht, Wengs Vorschlag sei nichts anderes als die Präzisierung des Berlin-Beschlusses des Bundestages. Darin stehe, daß der Kernbereich der Ministerien nach Berlin geht und der Verwaltungsbereich in Bonn bleibt. Er sehe deshalb keinen Grund, warum er Wengs Antrag nicht unterstützen soll, so Walther.

Müntefering erwartet von der Bundesregierung, daß sie ihren Beschluß zur Aufteilung der Ministerien auf Bonn und Berlin bis zur nächsten Tagung der Konzeptkommission des Bundestages am 30. April überprüfe. Zu prüfen sei, ob im Rahmen einer Organisationsreform nur die Spitzen der Regierung nach Berlin gebracht werden, der »ganz überwiegende« Teil der Ministerien aber in Bonn verbleibe. Die jetzt anvisierte Lösung schaffe »Berlin-Minister« und »Bonn-Minister« und sei mit dem »latenten Rutschbahneffekt« nach Berlin unehrlich gegenüber Bonn. adn

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