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■ Die Washingtoner Verhandlungen für eine muslimisch-kroatische Konföderation in BosnienNeue Trennungslinie in Europa?

Ein gemeinsamer Staat der bosnischen Muslime und Kroaten auf mindestens 51 Prozent der derzeitigen Fläche Bosnien-Herzegowinas, verbunden mit Kroatien durch eine Wirtschafts- und Zollunion sowie eine gemeinsame Verteidigungspolitik; Überlassung von bis zu 49 Prozent des BH-Territoriums an die bosnischen Serben mit der Option der Angliederung an Serbien. Seit Samstag wird in Washington ganz offiziell über dieses Lösungsmodell verhandelt – nach wochenlangen intensiven Sondierungen hinter den Kulissen und nachdem der kroatische Präsident Tudjman letzten Donnerstag seine Unterstützung für die Aufspaltung Bosniens in drei kulturell-religiös definierte Kleinstaaten und seinen Widerstand gegen die Wiederherstellung der im April 92 zerbrochenen kroatisch-muslimischen Allianz öffentlich aufgegeben hat.

Franjo Tudjman beugte sich damit der Kombination aus Sanktionsdrohungen und Versprechungen wirtschaftlich-politischer Kooperation, mit der Bonn (für die EU), Ankara, der Vatikan und Washington die Regierung in Zagreb seit geraumer Zeit bearbeitet hatten – in enger Absprache mit Moskau. Zusammengebracht hat diese ungewöhnliche Koalition die Sorge vor einem Staat der bosnischen Muslime, der zum europäischen Vorposten fundamentalistisch-islamischer Staaten und Strömungen (Iran, Sudan, afghanische Mudschaheddin oder nahöstliche Hisbollahgruppen) werden könnte. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Entwicklung – so die gemeinsame Analyse – wächst mit der Dauer des bosnischen Krieges. Bereits die Drohung der Nato mit Luftangriffen – die seit Kriegsbeginn deutlichste Maßnahme des Westens – erfolgte zum jetzigen Zeitpunkt nicht wegen der ja schon seit 23 Monaten anhaltenden Belagerung Sarajevos durch die Serben, sondern wegen der jüngsten militärischen Erfolge der mehrheitlich muslimischen Regierungsarmee.

Vertreter der bosnischen Serben signalisierten in den letzten Tagen zumindest inoffiziell ihre Zustimmung zu der jetzt verhandelten Lösung – vorausgesetzt, sie führe nicht zu einer gegen sie gerichteten kroatisch-muslimischen Militärallianz. Doch vor einer endgültigen Einigung der drei Kriegsparteien stehen noch einige Hürden. Zum einen Verfassungsbestimmungen des geplanten gemeinsamen Staates, durch die sich eine politische Majorisierung der Kroaten durch die rund doppelt so starke Bevölkerungsgruppe der Muslime vermeiden läßt. Zum anderen die Zukunft Sarajevos, auf das die bosnischen Serben nach wie vor zumindest einen Teilanspruch erheben. Und schließlich die von Tudjman zur Bedingung gemachte parallele Wiederherstellung der Zagreber Regierungsautorität über die derzeit noch von serbischen Truppen besetzten Gebiete Kroatiens in der Krajina und Ostslawonien. Doch nach zwei Jahren gescheiterter Vermittlungsbemühungen von EU und UNO bietet das Modell für die geschundene Zivilbevölkerung – egal ob Muslime, Serben oder Kroaten – erstmals realistische Aussicht auf ein Ende des Krieges.

Unter geopolitischen Gesichtspunkten wäre das Modell allerdings höchst problematisch. Es führt zur endgültigen Aufteilung Ex-Jugoslawiens in eine westliche und eine östliche, von Rußland dominierte Einflußzone. Nicht nur die serbische Propaganda, sondern auch einige westliche Analytiker haben schon 1991 behauptet, genau das sei strategisches Ziel der damals maßgeblich von Deutschland bestimmten Anerkennungspolitik der EU gegenüber Slowenien und Kroatien gewesen. Angesichts der Koalition, die Tudjmans jüngste Wende bewirkt hat, dürften diese – bislang allerdings nicht bewiesenen – Behauptungen erneuert werden. Die sich jetzt abzeichnende Lösung für Bosnien führt allerdings über die West-Ost-Teilung Ex-Jugoslawiens hinaus zur Neubefestigung religiös-kultureller Trennlinien. Zwischen den katholischen bzw. protestantischen Regionen Europas (unter Einschluß der „moderaten“ Muslime) einerseits und den von Orthodoxie und Slawentum bestimmten Regionen des Kontinents andererseits droht eine neue Spaltung. Weitgehend entlang dieser Linien verschärft sich auch eine wirtschaftliche und politische Scheidelinie. Das aber führt zu einem neuen West- Ost-Gegensatz: zwischen einem einigermaßen stabilen Block aus den um mehrere Voll- oder Assoziationsmitglieder erweiterten Organisationen EU, Nato und WEU auf der westlichen Seite sowie Rußland, Ukraine, Rumänien, Bulgarien und dem um einen Teil Bosniens erweiterten Serbien/Montenegro auf der östlichen Seite. In der Logik einer solchen Entwicklungsdynamik liegt es, daß auch das den meisten Nato- und EU-Mitgliedern schon lange lästige Griechenland schließlich auf der östlichen Seite landet. Athens schwere Fehler in der Makedonien-Politik lassen sich trefflich zur weiteren Isolierung und Ausgrenzung des Landes nutzen; zur Absicherung der Nato-Südostflanke wird Griechenland nach dem Wegfall des Warschauer Pakts nicht mehr gebraucht. Und die ökonomischen Voraussetzungen zur Mitgliedschaft in der 1997 in Kraft tretenden nächsten Stufe der Brüsseler Wirtschafts- und Währungsunion wird das Land ohne massive Unterstützung durch die anderen elf „Partner“ mit Sicherheit nicht erfüllen können. Andreas Zumach, Genf

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