Neue Platten : B. Fleischmann weiß was von der Pflicht zum Ungehorsam und liebt es musikalisch badewannenwarm
Nun gut, wieso nicht einmal wieder der alte Waldbewohner Thoreau, den Bernhard Fleischmann auf seinem neuen Album „Welcome tourist“ mit einem Zitat aus dessen Anarchoessay „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“ an den Anfang stellt, also „die beste Regierung ist die, die gar nicht regiert …“, dass Regierungen eben unnütz seien, wobei man doch mal gesondert diskutieren müsste, ob der Stammvater des Individualismus nicht auch als gut reaktionärer Fluchthelfer aus gesellschaftlicher Verantwortung gelesen werden könnte. Aber hier hört man Thoreau aus dem Munde Helmut Qualtingers, in österreichischer Färbung, und damit ist den Worten alle Schärfe genommen, hat was Gemütliches, und so ist dann auch die Musik auf der beim Berliner Morr-Label erschienenen Platte. Mit dem geneigt mitbummelnden Ohr darf man die Verfertigung eines neuen Krautrock aus den Gedanken der Elektronika hören. „Guided by beats“ nennt der Wiener Musikbastler eines der Stücke, und die Beats sind schon da, aber wirklich an die Hand genommen wird man von einer sanft sich wiegenden Melodie, die nett repetitiv vor sich hin träumt. Das ist nichts für den Club. Das ist was für die Badewanne. Tortoise als Waschlotion. Sacht brummen zwischendurch Störgeräusche und werden vom Klavier mit gravitätisch schlicht ausgestreuten Noten beschwichtigt. Immer ohne weitere Umwege in den stimmungsanfälligsten Intervallen. Ist angenehm und stört nicht. Hübsch. Weil man eigentlich immer Musik zum Abspülen braucht. Bei zwei Stücken am Schluss singt auch Parttime-Berliner Christof Kurzmann den Pop des leichten Herzens. Und wer wirklich die Zeit hat, hört sich das alles auf der Zugabe-CD noch einmal im ausgewalzten 45-Minuten-Format an. Ein Track als Griff zur höheren Kunst. Fällt in seiner Unentschiedenheit damit naturgemäß umso tiefer. TM