■ Türken und CDU: Neue Maßstäbe
Ausländerpolitik ist längst kein Monopol der Linken mehr. Jedoch hat die Öffentlichkeit davon wenig Notiz genommen. Nur so ist zu verstehen, daß die Gründung einer Deutsch-Türkischen Union innerhalb der Berliner CDU als kleine Sensation gewertet wird. Dabei arbeiten schon seit längerem junge CDUler daran, die verkrusteten Strukturen der zwischen Hauptstadt-Größenwahn und Bezirkspiefigkeit hin- und herschwankenden Partei zu modernisieren. Doch Ausländerpolitik fand bislang eher außerhalb der Partei und arbeitsteilig statt: Da ist die Innenverwaltung, deren oft rigide Politik die christdemokratische Ausländerbeauftragte Barbara John auf ein menschlichen Maß herunterzuschrauben versucht. Und da ist Eberhard Diepgen als Regierender, der mit seiner Ehrenmitgliedschaft in der Türkischen Gemeinde die symbolische Ebene bedient.
Die Öffnung der CDU gegenüber den hiesigen Realitäten steht erst am Anfang. Davon zeugt die vorsichtige Herangehensweise der Initiatoren der Deutsch-Türkischen Union. Als Mitglieder wurden unter anderem Barbara John und der Ex-Innensenator Heckelmann gewonnen. Dieses merkwürdig anmutende Duo entspricht durchaus dem Kräfteverhältnis: Der liberal gesinnte Flügel der Berliner CDU war von jeher schwach, ob im Landesverband oder in der Jungen Union. Mit der Einbeziehung der Konservativen schafft man sich Raum für die innerparteiliche Diskussion. Andererseits garantieren Männer wie Heckelmann, daß die mit Mißtrauen beäugte Vereinigung für den rechten Flügel kontrollierbar bleibt. Es bleibt abzuwarten, wie weit die Türken die Debatte innerhalb der CDU über eine liberale Ausländerpolitik beeinflussen können oder ob sie nur zur Fassadensanierung dienen. Severin Weiland
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