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Neue Kräfteverhältnisse

Die Wiederaufnahme von Beziehungen zwischen der al–Fatah Yassir Arafats und der syrischen Regierung kommt nicht als Überraschung. Seit der letzten Konferenz der Arabischen Liga Ende vorigen Jahres wurden bereits Gespräche geführt. Eine wesentliche Voraussetzung für diese Entwicklung war zweifellos eine Annäherung der PLO an die Positionen Syriens. Die Intifada, der Aufstand in den besetzten Gebieten, hat eine neue palästinensische Führung hervorgebracht, die von innen, aus dem besetzten Palästina, gewisse Träume der PLO– Führung weggewischt hat. Die Illusionen Arafats, mit der Hinwendung an das ägyptische Regime Einfluß auf die US–amerikanische Nahost–Politik zu gewinnen, haben sich zerschlagen. Es ist nicht so, daß sich lediglich Arafat und Hafis al–Assad versöhnt haben. Verschiedene arabische Staaten und die PLO sind aufeinander zugegangen. Die Beerdigung Abu Jihads in Damaskus war daher nur ein trauriger Anlaß für die syrisch– palästinensischen Gespräche. Die syrische Politik zielt auf eine Einkreisung der reaktionären arabischen Staaten, die mit den USA verbündet sind und die US– amerikanischen „Friedens“initiativen mittragen. Die syrische Alternative ist der Versuch, patriotische Kräfte im arabischen Lager zu sammeln und eine selbstbestimmte Position bei zukünftigen Friedensverhandlungen zu finden. Der syrische Vizepräsident Khaddam konnte dann auch in seinem Gespräch mit Abu Lutuf, dem Leiter der politischen Abteilung der PLO, Übereinstimmung in grundsätzlichen Punkten erzielen: Ablehnung des Shultz–Plans, Unterstützung der Intifada mit allen Mitteln, Einigkeit darüber, daß die Beziehungen zu Ägypten und die Versuche mit Israel ins Gespräch zu kommen zu nichts führen. Die Syrer sind also bereit, der PLO entgegenzukommen unter der Voraussetzung einer Verständigung über die Haltung der PLO im Libanon. Sie muß syrische Interessen in dieser Beziehung berücksichtigen. Syrien hat die politischen Beschlüsse der letzten Tagung der Arabischen Liga, insbesondere die Abwendung von der Palästina– Frage zurückgewiesen und bestreitet, daß der Golfkrieg die größere Herausforderung der arabischen Nation ist. Nach syrischer Sicht sollte die PLO in dieser Frage an die Seite Syriens treten und sich bei der kommenden Konferenz der Liga in die Front der fortschrittlichen arabischen Staaten einreihen. Das sind in den Augen der syrischen Führung Algerien, Libyen und Syrien. Dieses Bündnis könnte die US–amerikanische Nahost–Politik zu Fall bringen und eine Neubestimmung der Kräfteverhältnisse im Nahen Osten realisieren. Nur auf der Grundlage einer zugunsten dieses Bündnisses veränderten Situation kann überhaupt ein realistischer Friedensprozeß beginnen. Issam Maarouf INTERVIEW

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