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■ StandbildNeue Klischees

Am Morgen danach, Freitag, 20.40 Uhr, arte

Was der amerikanischen Nation der Western, ist den Deutschen der Heimatfilm. Im Berg-, Alm- und Tal-Melodram der fünfziger und sechziger Jahre versöhnte sich jugendlicher Überschwang mit paternalen Strukturen. Aus den finstersten Machwerken des Genres bezog ein Volk seine quasi nationalreligiöse Berufung – der Deutsche: großkotzig gegenüber Frauen und Fremden, kleinmütig vor Vater und Gott.

Der Anfang des Filmes „Am Morgen danach“ von Gabriele Zerhau zeigt einen Bilderbogen ganz nach Tradition. Schunkelnde Wälder, Weiden wie frisch gekämmt, Feldarbeit im Gleichtakt. Doch das kalte Licht, in das die Musterlandschaft getaucht ist, verheißt nichts Gutes. Der stumme Magnus (Jürgen Vogel) hat seinen Ziehvater verloren. Fortan ranken sich wilde Intrigen um den Zurückgebliebenen und dessen Erbe. Der verschlagene Bürgermeister Dobler braucht Magnus' Grund für den Bau einer Ferienanlage. Doch der schüttelt das blonde Haupt und zieht sich mit waidwundem Blick in Kuhstall oder Waldhütte zurück. Nur ein alter Bauer, eine schmachtlippige kroatische Hausangestellte und Katharina, leibliche Tochter von Magnus' Ziehvater, stehen ihm bei.

Als Magnus' Waldstück für die Straße zur Ferienanlage gerodet wird, zerschlägt der Naturbursche noch in einer symbolträchtigen Aufwallung die Motorsägen. Doch sobald er entdeckt, daß es seine teure Katharina mit dem Bürgermeister treibt, versiegen seine Lebensgeister. „Am Morgen danach“ sitzt Magnus auf einem frisch geschlagenen Baumstamm und schaut traurig in den Lauf seines Gewehrs. Die Kamera schweift ab, dann knallt ein Schuß.

Bei ihrem Versuch, das Genre zu erneuern, beackert Gabriele Zerhau viele Felder – allzu viele. Hier verweist ein zotenreißender Bauernbursch auf die Sexualnot verschmähter Männlichkeit, dort grantelt ein alter Senn als Sinnbild überlebter Traditionen, hier wird ein Mutter-Tochter-Problem angedeutet, dort ansatzlos herumpolitisiert, bis das Publikum im Durcheinander aus dramaturgischen Blindgängern und vorhersehbaren Handlungen versinkt. Und so erweist sich die als „kritisch“ annoncierte Neubewertung des deutschen Heimatfilms als Geburt neuer Klischees wider den Ungeist der alten. Birgit Glombitza

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