: Neue IWF–Kredit–Töpfe
■ Camdessus: Schlüsselverantwortung liegt weiterhin bei den Dritte–Welt–Ländern
Washington (dpa) - Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist dabei, seinen Werkzeugkasten zur Lösung der Schuldenprobleme der Dritten Welt um ein neues Instrument zu ergänzen und ein altes, selten gebrauchtes aufzupolieren. An der Strategie, jedes Land einzeln zu behandeln, die Lösung über mehr Wachstum zu suchen, von den verschuldeten Ländern Reformen zu verlangen und Kredite an Auflagen zu binden, soll nicht gerüttelt werden. Schuldenverzicht oder Schuldennachlaß betrachtet der Fonds nicht als seine Sache. Es geht darum, erläuterten Finanzkreise, den verschuldeten Ländern mehr Zeit - „einen mittelfristigen Horizont“ - für die Anpassungsprogramme zu geben und „ihnen aus diesen endlosen (Schulden–) Verhandlungen herauszuhelfen“. Auf der Frühjahrstagung in der nächsten Woche in Washington will der IWF deshalb die Zustimmung der 22 Finanzmi nister und Notenbankchefs des Interimausschusses für einen Kredittopf (External Contingency Mechanism) einholen, aus dem Länder zusätzlich Kredite bekommen können, wenn „Schocks außerhalb ihrer Kontrolle“ die Erfüllung des Anpassungsprogramms gefährden. Stärker eingesetzt werden soll die vorhandene „Erweiterte Kreditfazilität“, die Ausleihungen mit längeren Laufzeiten als die ein bis zwei Jahre der klassischen IWF–Bereitschaftskredite erlaubt. Die Regeln des Fonds verlangen derzeit, daß die Gelder gestoppt werden, wenn ein Kreditnehmer seine Zusagen - aus welchen Gründen auch immer - nicht erfüllt. Künftig sollen bei äußeren Einflüssen wie unerwarteten Zinserhöhungen, gesunkenen Exporterlösen oder plötzlich höheren Importpreisen Gelder aus der External Contingency Mechanism nachgeschossen werden können. Treibende Kraft hinter dem neuen Topf ist IWF–Direktor Michel Camdessus, der seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren beharrlich versucht, dem Fonds ein „menschlicheres Gesicht“ zu verpassen. Doch Camdessus, so in einer Rede in Zürich, läßt keinen Zweifel daran, daß er laxere Bedingungen für IWF–Kredite ablehnt. Die „Schlüsselverantwortung für ein Herauswachsen aus der Verschuldung“ sieht er bei den betroffenen Ländern, die „resoluter“ und „mutiger“ bei der Umsetzung von Reformen sein müßten. Die Schulden der Dritten Welt haben sich seit 1982 auf 1.000 Milliarden Dollar nahezu verdoppelt. Schuldenerlasse seien deshalb angezeigt, war in den letzten Monaten sogar aus Wirtschaftskreisen und dem US–Kongreß zu hören. Daß die US–Banken dann Verluste einstecken müssen, wollen sie in Kauf nehmen - daß die Schulden nicht eintreibbar sind, wisse ohnehin jedermann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen