piwik no script img

■ Neue Entwicklungen beim Fußballprozeß: Der Fall FC Loppenhausen, schon Teil 3Zeuge K. verheddert sich!

Erinnern wir uns: Angefangen hat alles mit einem mehr oder weniger harmlosen Rempler für einen Schiedsrichter beim Bezirksligaspiel des FC Loppenhausen gegen den TSV Dietmannsried. Der Mann in Schwarz ging zu Boden, vorsorglich schritt ein Notarzt zur Tat, und das Debakel, das amtliche, nahm seinen Lauf.

Am 21. Mai vor zwei Jahren soll das gewesen sein. Übeltäter: der Spieler Werner M., Rückennummer 11. Der soll nach der dritten roten Karte für seinen Verein ausgerastet sein und dem Schiri eine geschoben haben. Trotz aller gegenteiligen Beteuerungen und obwohl er selbst auf einem Pressefoto, das den umgekippten Schiedsrichter zeigt, nicht zu sehen ist, wurde er dafür bereits rechtskräftig verurteilt: lebenslange Sperre und 3.500 Mark Strafe.

Unabhängig von diesem Urteil beteuert der einstige Loppenhausenkicker nach wie vor, dem Schiri nichts getan zu haben. Und das behaupten auch eine ganze Reihe seiner Mitspieler vom FCL. Deshalb mußten sich im April diesen Jahres bereits einmal in einem aufsehenerregenden Meineidverfahren acht FCLler vor Gericht verantworten. „Ein halbes Dorf steht da vor dem Kadi“, wurde schon damals in Loppenhausen gemosert. „Und das wegen einer Kleinigkeit. Die sind in ihrer Existenz bedroht.“

Anne Riethmüller, eine der Anwältinnen im Meineidverfahren, spricht von einer „Meineidfalle“ und erntet damit viel Zustimmung. Doch von einer Kleinigkeit könne keine Rede sein, erklären sowohl der Präsident des Landgerichts Kempten, Walter Hofmaier, als auch der Leitende Oberstaatsanwalt Günther Meltendorf. Beide weisen darauf hin, daß es sich bei Meineid um einen Straftatbestand handle und somit das Verfahren nicht einfach eingestellt werden könne. Möglich sei nur ein Freispruch oder ein Schuldspruch, auch wenn der Anlaß noch so gering erscheinen mag.

Der Prozeß im Frühjahr platzte nach mehreren Verhandlungstagen, nachdem sich Schiri und Linienrichter in Widersprüche verstrickt hatten und von den Anwälten immer neue Beweisanträge gestellt wurden. Schließlich sah der Richter, daß die verbleibenden drei Verhandlungstage nicht ausreichen würden – und da sein bereits gebuchter Amerikaurlaub vor der Tür stand, platzte kurzerhand das Verfahren.

Seit Mittwoch muß es nun wieder völlig von vorne verhandelt werden. Ein kostspieliges Unterfangen, muß doch pro Verhandlungstag mit den acht Anwälten, acht Angeklagten, einem hauptamtlichen Richter, zwei Schöffen, zwei Staatsanwälten und einer Gerichtsschreiberin etwa mit 20.000 bis 25.000 Mark an Kosten gerechnet werden. Und so trafen sie sich denn alle wieder – im großen Gerichtssaal, wo einstmals die berüchtigten Mafia-Prozesse stattfanden. Zwar legte sich der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft mit einem sehr weitgehenden Verhandlungsangebot mächtig ins Zeug, doch gelang es ihm nicht, das Verfahren vorzeitig zu beenden: Die Beschuldigten blieben bei ihren Aussagen.

Kräftig Oberwasser bekamen sie durch einen der drei Hauptbelastungszeugen, einem jungen Mann, der in den vorangegangenen Verhandlungen vergessen hatte zu erwähnen, selbst bis vor kurzem Schiedsrichter gewesen zu sein. Darüber hinaus verwickelte sich Zeuge Anton K. so massiv in Widersprüche, daß einer der Rechtsanwälte die Frage stellte, ob er sich sicher sei, wirklich am fraglichen Tag bei diesem Fußballspiel gewesen zu sein. Und schließlich mußte Zeuge K. auch noch im Kreuzverhör zugeben, daß er als Schiedsrichter bereits einmal ganze drei Monate vom eigenen Verband gesperrt worden war – weil er bei einer roten Karte die Beteiligten verwechselt hatte.

Der Prozeß geht weiter, der Vorsitzende Richter hat schon mal auf Wochen hinaus die Montage für eventuelle Sitzungstermine freigehalten. Wir bleiben am Ball. Klaus Wittmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen