Neue Chefin der Bundes-Beratungsstelle: Ataman soll Diskriminierung angehen

Ihretwegen blieb Horst Seehofer einst dem Integrationsgipfel fern. Nun soll Ferda Ataman die Leitung der Antidiskriminierungsstelle übernehmen.

Ferda Ataman.

„Engagiert sich seit vielen Jahren für eine offene Gesellschaft“: Ferda Ataman Foto: Sarah Eick

BERLIN taz | Nachdem der Posten eine ganze Legislaturperiode lang unbesetzt blieb, hat der Bund wohl bald wieder eine Antidiskriminierungsbeauftragte: Das Kabinett nominierte am Mittwoch die Journalistin und Publizistin Ferda Ataman als neue Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS).

„Ich bin sehr froh, dass wir Ferda Ataman gewinnen konnten“, sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) der taz. „Sie engagiert sich seit vielen Jahren für eine offene Gesellschaft, bringt Durchsetzungsfähigkeit mit und wird sich als Leiterin der Antidiskriminierungsstelle mit ganzem Herzen authentisch und überzeugend gegen jegliche Form von Diskriminierung einsetzen.“

Tatsächlich begleitet das Thema Antidiskriminierung Atamans Arbeit seit Jahren – ebenso wie die ADS, die sie künftig leiten soll. Von 2010 bis 2012 leitete sie das Öffentlichkeitsreferat und ist heute stellvertretendes Mitglied im Beirat der Stelle. Sie baute den Mediendienst Integration mit auf, der Jour­na­lis­t*in­nen bei der Berichterstattung in der Einwanderungsgesellschaft unterstützen soll.

Außerdem ist sie Mitbegründerin der Neuen deutschen Medienmacher*innen, einem bundesweiten „Netzwerk von Jour­na­lis­t:in­nen of Color und Medienschaffenden mit oder ohne Einwanderungsgeschichte“ und war bis 2021 Vorstandsvorsitzende der Neuen deutschen Organisationen, einem Zusammenschluss von etwa 160 postmigrantischen Organisationen, Vereinen und Projekten. Im Mai 2022 gründete sie mit Konstantina Vassiliou-Enz das Diversity Kartell, das Medien, Verlagen und andere Kommunikationsunternehmen in Sachen Vielfalt beraten soll.

Ataman teilt gerne aus

2019 initiierte sie auf Twitter den Hashtag #vonhier, unter dem zahlreiche Menschen davon berichteten, wie ihnen aufgrund ihrer Migrationsbiografie immer wieder die Zugehörigkeit zu Deutschland abgesprochen wird. Im selben Jahr erschien ihr Buch über Deutschland als Einwanderungsgesellschaft mit dem Titel „Ich bin von hier. Hört auf zu fragen!“

Ataman schreckt vor scharfen Worten nicht zurück. 2018 kam der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nicht zum Integrationsgipfel im Kanzleramt, weil unter den Teilnehmenden auch Ataman war. Kurz zuvor hatte sie die Aufnahme des Begriffs „Heimat“ in den Titel des Innenministeriums kritisiert und erklärt, dieser Begriff sei zu eng mit der nationalsozialisiten Blut-und-Boden-Ideologie verknüpft.

Im Jahr 2020 löste sie eine Debatte über Rassismus im Gesundheitswesen aus, als sie in den sozialen Medien schrieb, sie habe „eine Ahnung, welche Bevölkerungsgruppen in Krankenhäusern zuerst behandelt werden, wenn die Beatmungsgeräte knapp werden“.

Doch auch vor Kritik am eigenen Milieu scheut Ataman nicht zurück. 2019 sagte sie über den Entwurf für das neue Grundsatzprogramm der Grünen, dieser lese sich „wie das Programm einer weißen Partei, die Ausländer mag“.

Die ADS ist eine bei Paus' Familienministerium angesiedelte unabhängige Stelle, die Menschen beraten und unterstützen soll, die aufgrund von ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Geschlecht, Geschlechtsidentität, sexueller Orientierung, Lebensalter oder Behinderung diskriminiert werden.

Kommende Woche muss Ataman noch vom Bundestag gewählt werden. Dieses Verfahren beschlossen die Par­la­men­ta­rie­r*in­nen im April, nachdem der Posten seit 2018 nicht besetzt werden konnte, weil eine Mitbewerberin gegen die vom Bundesfamilienministerium ernannte Leitung geklagt hatte. Ataman soll auf Bernhard Franke folgen, der den Posten seit Mai 2018 kommissarisch innehat.

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