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Archiv-Artikel

Neue Bürgerlichkeit

betr.: „Ich-Bewirtung im Hort der Werte“, taz vom 7. 3. 2006

Ich sehe sie auch, die neue Bürgerlichkeit. Ehemals eher unkonventionelle Menschen widmen sich seit der Familiengründung dessen, was sie früher zumindest aus kritischer Distanz beäugt haben: Traditionelle Aufteilung der Kinderbetreuung und Haushaltsbewältigung, d. h. Entscheidung des Vaters für den Beruf, Entscheidung der Mutter für Kinder und Haushalt. Allenfalls verdient sie „nebenbei“. Und jedeR FreundIn der Familie muss sich die langen Berichte über Kinder und Haushalt anhören, ob sie/er will oder nicht. Den Rest der freien Zeit verschlingt die Organisation des Alltages. Für Freunde oder außerfamiliäre Aktivitäten ist jedenfalls keine Zeit mehr.

Wehe, wenn die Kinder eines Tages das Haus verlassen und Lücken gefüllt werden müssen. Ein Klischeebild? Oder doch zumindest ein Teil der Wahrheit, der neuen Bürgerlichkeit. Dabei gibt es sie zum Glück auch, die Familien, die sich trotz (oder gerade) wegen der Kinder Optionen für die Zukunft offenhalten, wo auch der Mann einen Teil der Elternzeit übernimmt und nicht die ganze Lebensplanung auf Kinder, Haus und Garten abgestimmt wird (und ohne die Kinder zu vernachlässigen). SILKE SCHLÜTER, Bovenden