piwik no script img

Neu im Kino 46: Waterdance

Neu im Kino 46:

Waterdance

Noch ein Rollstuhlfilm — muß denn das sein ? Drei Querschnittsgelähmte in einer Rehaklinik mit all ihren Schwierigkeiten, Depressionen, Familienverhältnissen und Streitereien im Krankenzimmer — kann man sich da nicht schon vorher ausrechnen mit welcher Laune man nach dem Film aus dem Kino kommt ? Nein, eben nicht ! Und das ist die große Überraschung bei dieser unabhängigen amerikanischen Produktion: der Autor und Coregisseur Neal Jiminez ist in keine der Fallen des Betroffenheitskinos getappt. Sein „Waterdance“ ist weder sentimental noch deprimierend.

Und dafür gibt es einen ganz einfachen Grund. Neal Jiminez erzählt seine eigene Geschichte: Ein junger Schriftsteller findet sich nach einem Unfall mit gebrochenen Genick auf der Station für Querschnittsgelähmte wieder. Der Film beginnt mit extremen Nahaufnahmen von seinem Gesicht (das in einen stählernden Stabilisator eingeschraubt ist) und Bildern der subjektiven Kamera, die seinen sehr eingeschränkten Gesichtskreis zeigt. Für den Rest des Films sehen wir alles mit seinen Augen. Und aus diesem Blickwinkel heraus erscheint sein Schicksal zwar immer noch tragisch, aber nie hoffnungslos. Das Alter Ego von Jiminez ist smart, energisch, belesen sowie ironisch, und der Schauspieler Eric Stoltz spielt ihn mit einer leichten, sehr attraktiven Arroganz — bei solch einer Filmfigur werden die Augen nicht feucht. Stattdessen merkt man bei jeder Szene, daß sie auf den wirklichen Erfahrungen des Autors beruhen. Deshalb wirken alle Figuren glaubwürdig und intensiv. Die Wut der Patienten darüber, daß sie nicht aus ihren Rollstühlen herauskommen, ist immer spürbar — Waterdance ist leidenschaftliches, provokantes und nicht zuletzt überraschend komisches Kino. Den von gutem Willen triefenden Betroffenheitsfanatikern würden die Helden dieses Films prompt mit ihren Rollstühlen über die Füße fahren. Wilfried Hippen

Kino 46, täglich bis Di. 18.30 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen