: „Netzpolizei“ für die Eltern
■ CompuServe bietet Programm, das Nischen des Internet aufspürt und sperrt. Gegen Pornos und Neonazi-Parolen
München (taz) – „Wegschauen leichtgemacht“: Nach dieser Devise arbeitet ein Computerprogramm, das CompuServe gestern vorgestellt hat und ab sofort an alle Kunden ausliefert. Es heißt „Cyber Patrol“ und wacht darüber, daß keine anstößigen Internet-Seiten auf dem Bildschirm von Eltern oder Kindern landen.
Dazu sucht „Cyber Patrol“ bestimmte Begriffe, die nach Sex oder Rechtsradikalismus klingen und sperrt die entsprechenden Seiten des Internet automatisch. Zusätzlich können CompuServe- Kunden in Zukunft eine „Cyber- Not-Liste“ abrufen, die wöchentlich aktualisiert wird und schmuddelige oder rechtsradikale Internet-Sektoren automatisch sperrt.
Wer in dem Gremium sitzt, das die Liste erstellt, konnte CompuServe gestern zwar nicht präzise sagen. Es sei eine Gruppe von Eltern und Lehrern in den USA, doch es gebe Bestrebungen, sie auf andere Länder auszuweiten, so Thorsten Ganz von CompuServe.
Der deutsche Geschäftsführer von CompuServe, Felix Somm, hält die „Netzpolizei“ für die richtige Antwort auf Pornos und rechtsradikale Thesen im Internet: „Dieses Programm gibt Eltern ein Werkzeug, mit dem sie den Internet-Zugang ihrer Kinder kontrollieren können.“
Gleichzeitig mit dem Start der „Cyber patrol“ hat CompuServe über zweihundert Diskussionsforen (Newsgroups) im Internet wieder zugänglich gemacht, die mit dem Thema Sex zu tun haben. Nach einer Intervention der Münchner Staatsanwälte im vergangenen Dezember hatte CompuServe sie vorsichtshalber gesperrt. Doch dank „Cyber patrol“ sei man sicher, juristisch einwandfrei zu handeln, so Felix Somm.
Trotzdem bleiben fünf Internet- Foren, die sich eindeutig mit Kinderpornographie beschäftigen, weiterhin verschlossen: „Hier warten wir ab, bis die Justiz geklärt hat, ob wir uns strafbar machen, wenn wir diese Newsgroups zugänglich machen“, sagt der CompuServe- Geschäftsführer.
Das bayerische Justizministerium warf der Firma vor, die neue Software „Cyber Patrol“ reiche nicht für eine grundsätzliche Kontrolle aus. CompuServe wälze seine strafrechtliche Verantwortung auf Dritte, also beispielsweise die Eltern, ab. Die Filtersoftware sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, das Problem der Kontrollpflicht durch die Online-Dienste sei damit aber noch nicht geklärt. Ministeriumssprecher Zierl wollte nicht ausschließen, daß es zu einem Prozeß gegen die Firma komme. Datenautobahnen könnten kein rechtsfreier Raum sein. Felix Berth
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