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Nett gegeben

■ Joe Cocker beendete seine „Organic“-Tour in der Großen Freiheit

Wenn der Instinkt befiehlt, gibt es kein Halten mehr. Da interessiert nicht Alter noch Stand. Das Gedrängel vor dem Einlaß der ausverkauften Großen Freiheit ließ nochmal jugendlichen Leichtsinn unter den ergrauten Vollbärtern durchbrechen. Bei Joe Cocker gaben sie sich mit bebrillten Studenten ein Stelldichein bei Alsterwasser und Pfeifchen. Angesichts der gemütlich verrauchten Atmosphäre baute sich der Eindruck auf, daß die alte Größe des Sängers nur noch Geschichte ist. Der Meister füllt keine Hallen mehr. Aber das tut der Vorstellung seines neuen Albums Organic gut. Ein ruhiges Konzert mit dem Gewicht auf Balladen, Akustikinstrumenten und dennoch viel zum Mitklatschen.

Cockers Band besteht aus Studiomusikern, von denen einige schon bei der legendären Mad Dogs And Englishmen-Tour dabei waren. Eine beeindruckende Bühnenshow ist da nicht drin, aber wer erwartet die schon bei Joe Cocker, dessen schnappende Finger und krampfenden Gebärden fürs Auge schlimm genug sind. Dafür bieten die alten Hasen eine musikalische Perfektion, die dank differenzierten Sounds in der Freiheit einfach schön anzuhören ist. Freundliches Miteinander auf der Bühne, die Musiker lassen viel Raum für Cockers Stimme, jeder hat seinen Soloauftritt. Das hat Klasse.

Doch das Publikum spürte nichts von der Persönlichkeit, es ging nur darum, eine neue Platte mit alten Liedern aufzuwärmen, um den Verkauf anzuheizen. In der Freiheit geriet dabei jeder ins Schwitzen, aber daran ist einfach die schlechte Luft schuld. Ein, zwei Zugaben. Alles lief nach Plan. Die Worte, die sich an die Fans richteten, erschöpfte sich in „Dankeschön“ und Namensnennungen von Randy Newman über Bob Dylan bis Van Morrisson. Schöne Nostalgie, nett gegeben, Dankeschön. Ilka Fröse

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