Neosachliche Kulturbehörde:
Sie mag Ausdruck von Intuition oder von Berechnung sein - aber sie ist in jedem Fall symptomatisch: die Tatsache, dass sich seitens der Kulturbehörde seit Beginn der neuen Ära so gänzlich andere Umgangsformen eingeschlichen haben. Denn von Listen und Zahlen, von Steuergeldern und zu steigerndem Privatsponsoring ist - derzeit demonstriert anhand des Exempels „Kammerspiele“ - seit Amtsantritt Dana Horakovas oft die Rede. Argumente werden gezückt, die nicht den geringsten Versuch erkennen lassen, künstlerische Belange und Befindlichkeiten zu begreifen.
Eine „Liste jüdischer Kulturgüter“ forderte die Behörde zum Beispiel absurderweise, als Kammerspiel-Intendant Waller vor Wochen anmerkte, der aktuelle Radikalumbau verändere den Charakter des historischen Ortes. Und auf „Geschmacksfragen“ wurde der rüde Umgangston des Kammerspiel-Erbpächters Hunke reduziert. Und zuletzt - das entlastende Gutachten der Kammerspiele steht noch aus - stellte die Behörde gar jeden Zuschuss in Frage. „Wir wollen doch sicherstellen, dass Steuergelder sinnvoll angelegt sind“, tönte es engelsüß aus den heiligen Hallen. Eine Besorgnis, die sich offensichtlich nicht auf die Qualität der Nach-Wallerschen Kammerpiel-Ära bezieht: Die Senatorin sorgt sich nach der Kündigung der Intendanten vom Freitag lediglich darum, dass die Nachfolge „sichergestellt“ wird. Klingt fast wie beim Zoll. Könnte es also sein, dass auch andere Häuser, die Subventionserhöhungen fordern, künftig fürchten müssen, jeglicher Zuschüsse verlustig zu gehen? Und wäre es denkbar, dass dies nicht nur die - von der Ex-Oppositions-CDU einst gehätschelten - privaten Bühnen, sondern auch Staatstheater treffen wird? Ungemütlich fröstelt‘s einen da, auch wenn es im vorliegenden Fall - fast klingt‘s beruhigend - tatsächlich so scheint, als habe da irgendjemand Waller (endlich?) loswerden wollen.
Petra Schellen
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