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Nazi Schwammberger unter Mordanklage

Stuttgart (ap) - Einer der meistgesuchten und wegen seiner Grausamkeit berüchtigten, mutmaßlichen NS-Verbrecher steht vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat am Montag Angklage gegen Josef Schwammberger erhoben. Dem 78jährigen ehemaligen KZ-Kommandanten, der am 2.Mai dieses Jahres von Argentinien an die Bundesrepublik ausgeliefert worden war, wird der Mord an mindestens 50 Juden und die Beihilfe zur Ermordung von mindestens weiteren 3.377 Menschen jüdischer Herkunft vorgeworfen. Die Eröffnung des Hauptverfahrens werde für Anfang nächsten Jahres erwartet, so der Staatsanwalt.

Schwammberger soll den Angaben zufolge die ihm vorgeworfenen Verbrechen zwischen 1941 und 1944 in Polen beim SS- und Polizeiführer in Krakau sowie als Kommandant des Zwangsarbeitslagers Mielec begangen haben. Als Morde seien von der Staatsanwaltschaft dabei die Taten gewertet worden, bei denen Schwammberger „aus eigener, angemaßter Machtfülle und auch eigenem Entschluß aus Rassenhaß und überdies zum Teil grausam getötet hat“. Auf Beihilfe zum Mord wird in Fällen geklagt, in denen Schwammberger „Befehlsempfänger“ gewesen sei.

Schwammberger hat nach Angaben der Staatsanwaltschaft die Erschießung eines Menschen „unter angeblich besonderen Umständen“ eingeräumt. Die übrigen Vorwürfe habe der ehemalige Oberscharführer „insgesamt bestritten“.

Schwammberger, dem 1948 die Flucht nach Argentinien gelang, wo er fast 40 Jahre lang unerkannt lebte, gehörte zu den wenigen noch im Ausland wegen nationalsozialistischer Verbrechen gesuchten Personen. Im Zuge ihrer jüngsten Ermittlungen seien weitere Taten Schwammbergers bekannt geworden, bei denen er mindestens 160 Menschen ermordet haben soll. Daraufhin wurde von der Anklagebehörde am 29.Mai ein neuer Haftbefehl erlassen. Ein Nachtragsauslieferungsersuchen mit dem Ziel, von den argentinischen Behörden die erforderliche Zustimmung zur Verfolgung auch dieser Verbrechen zu erlangen, sei eingeleitet, so die Staatsanwaltschaft.

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