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NationalratswahlenÖsterreich vertraut den feschen Männern

■ Österreich hat gewählt: Der Banker Vranitzky hat für die Sozialistische Partei die 43 Prozent gehalten, während am rechten Rand Jörg Haider spektakulär gewann. Was aus dem neutralen Donaustaat zwischen den abgeschmolzenen Blöcken wird, wollten die Österreicher in dieser Wahl nicht wissen.

Nach dem Schock der Nationalratswahlen herrschte bei den österreichischen Parteien am Montag Ratlosigkeit. Die abgestürzte Österreichische Volkspartei (ÖVP) unter Parteichef Josef Riegler ist dennoch sie meistumworbene Kraft. Sie sank von 41,3 auf 32,14 Prozent der Stimmen und büßte von ihren 77 Mandaten 17 ein, aber kann der Wahlsieger Franz Vranitzky (Sozialistische Partei, SPÖ) kann ohne die Konservativen keine Regierungsmehrheit zusammenbekommen. Entgegen allen Prognosen konnte sich die SPÖ halten (43 Prozent) und sogar ein Mandat hinzugewinnen (jetzt 81). Die Grünen, die trotz eines Stimmenrückgangs von 0,29 Prozent ein Mandat mehr als bisher errangen (jetzt 9), hatten mit dem Auftreten einer zweiten ökologischen Gruppierung zu kämpfen.

Die rechtsradikale Freiheitliche Partei (FPÖ) hatte mit ihrer Kampagne gegen die etablierten Parteien, die „keine neuen Ideen haben“, und den Zustrom von Osteuropäern nach Österreich den spektakulärsten Erfolg dieser Wahl. Die FPÖ konnte ihren Stimmenanteil um 6,87 Prozent auf 16,6 Prozent ausbauen und schickt künftig 33 statt bisher 18 Abgeordnete in den Nationalrat. Sie liegt mit diesem Ergebnis allerdings noch unter den Vorhersagen.

Darin waren sich alle Wahlbeobachter denn auch einig: Personen machten das Rennen. Die SPÖ konnte nur durch den Bonus ihres Vorsitzenden, Bundeskanzler Franz Vranitzky, ohne Verluste die Wahl überstehen. Die Freiheitlichen haben nur ihrem Vorsitzenden Jörg Haider ihren Erfolg zu verdanken. Die beiden Verlierer, die Volkspartei und die Grünen, hatten dagegen im Wahlkampf auf Teams und Programme gesetzt — und prompt das Nachsehen.

Bundeskanzler Franz Vranitzky bot seinem Stellvertreter Josef Riegler von der ÖVP noch am Wahlabend die Aufnahme von Verhandlungen an. Obwohl die Fortsetzung der sozialistisch-konservativen Koalition als wahrscheinlich gilt, zögerte die ÖVP noch mit ihrer Zusage. Riegler wollte erst mit dem Präsidium der Partei über die Niederlage beraten. Wenn sich die ÖVP einer Koalition entzieht, könnte sie die SPÖ in eine Minderheitenregierung schicken, was zu vorgezogenen Neuwahlen führen dürfte. Innerhalb der ÖVP gibt es allerdings auch Kräfte, die auf eine Verbindung mit Haiders FPÖ oder eine Allparteienregierung setzen.

Es wird jedoch mit ersten Gesprächen zwischen der SPÖ und der Volkspartei noch in dieser Woche gerechnet. Ein möglicher Streitpunkt zeichnete sich bereits ab. Es wird erwartet, daß die erstarkte SPÖ das Außenministerium — früher ein Stamministerium der Sozialisten — zurückfordert. ÖVP-Außenminister Alois Mock müßte seinen Stuhl dann räumen. Als möglicher Nachfolger gilt der außenpolitische Experte der SPÖ, Peter Jankowitsch, der bereits einmal für wenige Monate das Außenamt führte. Nach Ansicht von Beobachtern mußten die Konservativen alle Fehler ausbaden, die der Regierung zugeschrieben wurden.

Sie wurden von ihrer traditionellen Wählerschaft — Landwirten, Freiberuflern und Unternehmern —, aber auch von Beamten und Angestellten fallengelassen. Am schlimmsten ist ihr Stimmenverlust bei jungen Leuten zwischen 19 und 29, die zu 23 Prozent der Partei den Rücken kehrten. Die eigentlich von Skandalen gebeutelten Sozialisten konnten dagegen vom Saubermannimage ihres Vorsitzenden profitieren. ap

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