Nationalismus im Baltikum: Marschieren für die Waffen-SS

Einige tausend Nationalisten erinnern in Lettland und Litauen an gefallene Kriegsveteranen. Trotz Verbots in Vilnius bleibt die Polizei untätig.

Sorgt alljährlich für Kritik: Veteranenmarsch in Riga. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | „Keiner hat etwas dagegen, wenn die SS-Veteranen ihrer gefallenen Kameraden gedenken wollen“, sagte Iosif Koren, Vorsitzender der Organisation Lettland gegen Faschismus. „Aber dann sollen sie es auf dem Friedhof tun. Nicht im Stadtzentrum zu nationalistischer Musik. Dann ist es eine Verherrlichung des Nazismus.“

Am Samstag fand im Zentrum der Hauptstadt Riga wieder der jährliche Marsch zum Gedenken an die Angehörigen der lettischen Waffen-SS-Divison statt. Auf 3.000 schätzte die Polizei die Zahl der TeilnehmerInnen, an der Spitze marschierten Abgeordnete und Mitglieder der nationalistischen Regierungspartei Nationale Allianz. Zwar suchten sie auch handgreifliche Auseinandersetzungen mit einigen Dutzend GegendemonstrantInnen, welche Bilder aus KZs emporhielten und über Lautsprecher an die Verbrechen Nazideutschlands erinnerten. Doch die Polizei stoppte alle Versuche, diese Bilder abzureißen, und nahm vier Teilnehmer des SS-Marsches vorübergehend fest.

Lettland sieht sich wegen dieses SS-Gedenkens Kritik ausgesetzt. Vor allem jüdische Organisationen werfen Riga vor, mit dieser Veranstaltung den Nazismus zu ehren und die Opfer des Holocaust zu beleidigen.

Bereits am Montag vergangener Woche hatte in Litauens Hauptstadt Vilnius eine Manifestation stattgefunden, die offiziell an die litauische Unabhängigkeit erinnern sollte, sich in den vergangenen Jahren aber immer mehr zu einer Neonazi-Veranstaltung entwickelt hatte. Die Stadt Vilnius hatte sie in diesem Jahr auch verboten. Als sich dennoch 3.000 DemonstrantInnen versammelten, griff die Polizei nicht ein. Einige TeilnehmerInnen hielten Schilder „Litauen den Litauern!“ hoch, andere trugen nazistische Symbole und hoben den Arm zum Hitler-Gruß.

Aufsehen hatte in Litauen in Zusammenhang mit dieser Veranstaltung vor allem eine Stellungsnahme der Präsidentin Dalia Grybauskaite erregt, die die Demonstranten als „patriotische Jugend“ bezeichnet hatte. Kritiker warfen ihr deshalb eine verantwortungslose Verharmlosung vor.

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