■ Kommentar: Nase im Wind
Inhaltlich veraltet war die Hamburger Wintersmog-Verordnung ja bereits bei Inkrafttreten: Die industriellen Dreckschleudern der 70er Jahre mit ihrem gesundheitsschädlichen Rauch und Gestank nach verfaulten Eiern hatten längst und ungehindert die Luft verpesten können. Regelungsbedarf bestand also – wie so oft, wenn Gesetze endlich verabschiedet werden – Mitte der 80er Jahre kaum noch: Die Entwicklung moderner Rauchgasreinigungsanlagen zur Reduzierung des Schadstoff-Ausstoßes war absehbar.
Das hat selbst der Hamburger Senat elf Jahre später erkannt und die überflüssige Verordnung abgeschafft. So weit, so typisch. Zumal die Grenzwerte ohnehin so unerreichbar hoch waren, daß selbst ärgste Kraftwerk-Stinker aus dem Kohlenpott Mühe hatten, sie zu überschreiten. Das aber verschweigt die Umweltbehörde lieber. Würde ja auch die Erfolgsmeldung schmälern, daß unsere Luft jetzt so schön sauber ist. Eigentlich unglaublich, daß einige immer noch meinen, keuchen statt atmen zu müssen.
Wirksame Vorschriften gegen die aktuelle Abgas-Belastung werden derweil bewußt verzögert. Bis geeignete Meßgeräte und Grenzwerte gefunden sind, die selbst bei höchster Schadstoff-Konzentration Entwarnung geben. Als Zeichen erfolgreicher Umweltpolitik.
Heike Haarhoff
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