: Nähe und Distanz
PREMIERE Das Bremer Theater setzt auf Klassiker und beginnt das Jahr mit Williams’ „Glasmenagerie“
Auf kahler Bühne hat Matthias Kaschig Tennessee Williams „Glasmenagerie“ inszeniert, die vergangene Woche im Moks Premiere feierte. Einzig eine Wand aus Spanplatten dient als Kulisse. Nicht zuletzt die Leistung der Darsteller schafft es, die offene Bühne zu intimen Räumen zu schließen und der Inszenierung Intensität zu verleihen.
Trocken schildert Tom Wingfield, Erzähler und Hauptfigur zugleich, im Rückblick, wie er das enge Gefüge seiner Familie verlassen hat: Die überfürsorgliche Mutter, die feste Pläne für sein Leben hat. Die labile Schwester Laura, die der Realität in die Welt ihrer Glastiersammlung entflieht. Der Versuch, Laura mit Toms Arbeitskollegen Jim zu verkuppeln, scheitert. Jim ist vergeben. An wen, lässt das Stück offen. Dass es Tom sein könnte, wird zwischen den Zeilen angedeutet. Tom geht auf See, lässt Mutter und Schwester desillusioniert und verzweifelt zurück.
Kaschig lässt Williams Regieanweisungen immer wieder nicht spielen, sondern aussprechen. Das baut Distanz auf, die Einwürfe wirken wie ironische Kommentare der Figuren. Das Ensemble liefert dabei ein Wechselspiel aus parodistischer Überzeichnung im einen und Nähe zu den Figuren im nächsten Moment. Trotz Ironie bleibt ein bitterer Nachgeschmack, der ihrer Tragik gerecht wird.
Dass die erste Premiere des Bremer Theaters im neuen Jahr kein Wagnis ist, liegt vor allem am Stück selbst. Tennesse Williams geht immer. Die „Glasmenagerie“ reiht sich damit ein in die Premieren, die bis zum Ende der Spielzeit noch kommen: Klassiker von Schiller bis Shakespeare. Regisseur Kaschig – der Bremen bereits den Kassenschlager „Wer hat Angst vor Virginia Woolfe“ bescherte –, setzt mit der „Glasmenagerie“ zwar stellenweise auf unkonventionelle Brüche, bleibt insgesamt aber eingängig. Und durchaus massenkompatibel. AG
Nächste Vorstellungen: 2., 3., 7. und 9. Februar im Moks