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Nachtragshaushalt abgesegnet

■ Heftiger Schlagabtausch über Schulden und angebliche Steuerpläne/ Duell Kohl-Lafontaine fiel aus

Bonn (ap) — Nach einem heftigen Schlagabtausch über die Höhe der Schulden und die angeblichen Regierungspläne für Steuererhöhungen hat der Bundestag den dritten Nachtragshaushalt dieses Jahres verabschiedet. Der gegen die Stimmen der Oppositionsparteien am Donnerstag beschlossene Ergänzungsetat erlaubt der Bundesregierung zusätzliche Ausgaben für die ehemalige DDR in Höhe von 20 Milliarden Mark. Sie werden in voller Höhe durch neue Kredite finanziert.

Durch den Nachtrag steigen die Gesamtausgaben des Bundes in diesem Jahr auf 396 Milliarden Mark. Davon werden 67 Milliarden Mark über die Aufnahme neuer Kredite aufgebracht. Kohl war der Debatte ebenso fern geblieben wie sein Herausforderer Oskar Lafontaine.

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Ingrid Matthäus- Maier beschuldigte die Bundesregierung des „Marschs in den Schuldenstaat“. Da weitere Milliardenschulden in „Sondertöpfen“ und „Verschiebebahnhöfen“ versteckt seien, ergebe sich 1990 eine Neuverschuldung von insgesamt 125 Milliarden. Damit steige die Gesamtverschuldung auf 1,2 Billionen Mark. Zwar erlaube die deutsche Einheit eine zeitlich begrenzte maßvolle Erhöhung der Kreditaufnahme, sie gebe der Regierung aber „keinen Freibrief für eine solch ungehemmte Staatsverschuldung“. Matthäus- Maier äußerte erneut den Verdacht, die Regierungskoalition wolle nach der Wahl die Steuern erhöhen.

Dem widersprachen sowohl der CDU-Finanzexperte Jochen Borchert als auch der FDP-Vorsitzende Otto Graf Lambsdorff. Er nahm für seine Partei in Anspruch, sie sei die einzige, die geschlossen gegen höhere Steuern sei. Statt dessen sollten Subventionen abgebaut werden. Bundesfinanzminister Theo Waigel lehnte diesen FDP-Plan erneut mit der Begründung ab, er würde zu erheblichen Mitnahmeeffekten führen, eine nur geringe Wirkung haben und Deutschland steuerrechtlich neu teilen.

SPD-Spitzenkandidat Lafontaine zog es vor, seine Position auf einer Pressekonferenz in Bonn darzulegen, wo der die Bundesregierung der „Lüge“ über die Kosten der deutschen Einheit bezichtigte. Durch die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Koalition seien die Konjunktur abgewürgt und die Zinsen in die höhe getrieben worden, kritiserte der saarländische Ministerpräsident vor Journalisten. Das entscheidende Hindernis für Investitionen sei die nach wie vor ungeklärte Eigentumsfrage.

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