Sanssouci: Nachschlag
■ "Bühnenfrauen" - Gilla Cremer im Ratibor Theater
Foto: Andreas Koschate
Margot ist schwanger. Sie will das Kind, aber auch Karriere machen. Margot hat ein Problem. Aber es gibt ja die spanische Putzfrau, mit der sie ein Herz und eine Seele ist. Warum sollten sie nicht auch ein Uterus sein? Leider bekommt die Putzfrau irgendwann ein neues Kleid geschenkt, das ihr allmählich zu eng wird. Deshalb wandert der Fötus aus dem Fremdbauch in den Kühlschrank eines Forschungslabors weiter. Dort wird er versehentlich verneunfacht. Gilla Cremers Einfrauvorstellung „Odyssee Embryonale“ beginnt wie eine Anklage gegen die schwangerenfeindliche Welt und reiht dann wüst eine weibliche Dümmlichkeit an die andere. Am Ende ist Margot nicht einmal mehr in der Lage, dem ahnungslosen Erzeuger die zugegebenermaßen hanebüchene Geschichte einigermaßen schlüssig zu erklären.
In der Reihe „Bühnenfrauen“, die in diesem Winter zum zweitenmal im Ratibor Theater stattfindet, gibt Gilla Cremer aus Hamburg eine Art Zeitgeist-Posse, die umstandslos gleich die ganze Gesellschaft kritisiert. Ein Reaktorunglück kommt vor, eine penetrant frauenbewegte Oma in spe und dergleichen mehr. Die Darstellung schwankt entsprechend. Am Anfang steht eine selbstbewußte Frau auf der Bühne, die dem Publikum als Trockenübung für das klärende Gespräch mit dem Liebsten die Odyssee ihrer verhinderten neunfachen Schwangerschaft erzählt. Das Ganze gerät immer mehr zur Karikatur.
Cremer spielt nicht nur die Margot, sondern auch alle anderen Rollen. Gerade Typen wie die Putzfrau oder eine Kölsche Vorzimmerdame charakterisiert sie durchaus treffend und komisch. Die Hauptfigur bekommt sie aber nicht in den Griff. Das ist sicher ein Problem des unentschiedenen Kolportagetextes, den Cremer gemeinsam mit ihrem Regisseur Max Eipp verfaßt hat. Für eine Klamotte ist zuviel Betroffenheit in diesem „Fötodram“, für ein Aufklärungsstück ist es zu albern. Ein ohne Zweifel hinterfragenswertes Thema, eine gute Schauspielerin ... aber die Form, die Form, die Form. Petra Kohse
Noch heute, 20 Uhr, Ratibor, Cuvrystraße 20, Kreuzberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen