: Nachschlag
■ Freiheitssucher vom Planeten XP4: Arne Hube las im Tati
Der Schriftsteller Arne Hube ist Isaac Morgenstern vom Planeten XP4. In der Sprache der Erdlinge entdeckt er allerlei Absonderliches. Vor allem ein Wort weckt seine Neugierde: Freiheit. Isaac begibt sich auf die Reise. In der englischen Stadt Bristol will er vom großen Computer der Universität eine Auskunft über die Bedeutung dieses Wortes erhalten. Soweit das Gerüst der „komponierten Lesung“ im Tati, einem Café gegenüber der Volksbühne, in der Hube eigene und fremde Texte las und mit Geräuschen und Klängen begleitete.
Umgeben von seinen Requisiten – Koffer, Strohhut, Spielzeug und einer silbernen Blüte – nimmt der Künstler Platz. Ein Wecker eröffnet die Komposition mit einem elektronischen Hahnenschrei. Isaac Morgenstern öffnet einen Brief von seinem Planeten XP4, in der ihm der Auftrag erteilt wird, sich auf die Suche zu machen nach dem Begriff der Freiheit. Die Geschichte des Reisenden versetzt Hube mit philosophisch-literarischen Betrachtungen. Immer wieder geht es dabei um die Frage der Perspektive: „Wo ein Meermensch Küstenbrecher, Landspitzenbrecher, Schüsseln, Grundsee, Glas und Gischt sieht, sieht der Mensch vom Land nur Wellen und einen Strand.“ Hube beschwört die Kindheit: „Kinder bauen kleine Welten.“ Kleine Holzklötzchen schichtet Hube auf seinem Tisch zu immer wieder anderen Türmen auf und beginnt sogar, Seifenblasen zu pusten.
Als der Wecker zur Pause klingelt, erhebt sich Beifall wie ein Gewitterregen. Später findet der Computer der Universität Bristol die Person, die mehr als alle anderen Freiheit verkörpert: Pippi Langstrumpf. „Welche Farbe hat die Freiheit? Wie fühlt sich Freiheit an?“, fragt Hube.
Literarischer Höhepunkt des Nachmittages ist ein Zitat aus dem Kinderbuch „Der Adler, der nicht fliegen wollte“ von James Aggrey: „Wir sind nach dem Ebenbild Gottes geschaffen, aber Menschen haben uns beigebracht, wie Hühner zu denken. Und noch denken wir, wir seien wirklich Hühner. Aber wir sind Adler...“
Die Lesung im Tati ist Vorläufer einer für den Herbst geplanten Reihe von Veranstaltungen, mit denen die Tradition der literarischen Salons in Berlin wiederbelebt werden soll. Die Örtlichkeit wäre geeignet, Literatur ist noch zu suchen. Claudia Letz
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