Nachruf auf Erich Riedl: Lupenreiner CSU-Amigo
Er war der Prototyp eines CSUlers, der noch machen konnte, was er wollte. Gewählt wurde er dennoch. Jetzt ist der Hardliner Erich Riedl gestorben.
Schmal war er geworden in den letzten Jahren. Und nur wer genau hingesehen hat, konnte hinter dem altersmilden Gesicht des älteren Herren jene barocke Figur wiedererkennen, mit der Erich Riedl jahrzehntelang durch den Münchner Süden marschiert ist.
Für die CSU saß er von 1969 bis 1998 im Deutschen Bundestag, sechs Jahre lang war er Parlamentarischer Staatsekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Zur Pflege seines Ansehens als Münchner Instanz ließ er sich 1974 zum Präsidenten des TSV 1860 München wählen. Beide Karrieren endeten spektakulär.
Als Sportfunktionär führte er den TSV, bei dessen Fans die Erinnerung an die deutsche Meisterschaft 1966 noch nicht verblasst war, in die Überschuldung. 1860 wurde zwangsweise in die dritte Liga zurückversetzt.
Und wenn heute darüber diskutiert wird, wer denn nun alles für den Niedergang dieses einst ruhmreichen Klubs verantwortlich war, fällt immer auch der Name Erich Riedl.
Mit zwielichtigen Typen bei Waffengeschäften
Seiner politischen Karriere hat sein unglückliches Agieren als Klubboss indes nicht geschadet. Bis 1998 hat er den Wahlkreis München Süd immer direkt geholt. Die Witze, die man darüber riss, dass ein Haushaltsexperte der CSU einen Sportverein beinahe in die totale Pleite geführt hat, machten sich auf den Stimmzetteln nicht bemerkbar.
Es war die Zeit, als ein CSUler noch machen konnte, was er wollte, gewählt wurde er sowieso.
Dass Riedl, der 1962 an der Universität Nürnberg-Erlangen in Wirtschaftswissenschaften promoviert hat, als Staatssekretär vor allem für Waffengeschäfte zuständig war, brachte ihn mit etlichen zwielichtigen Typen an einen Tisch, gegen die Staatsanwaltschaften einmal ermitteln sollten.
Auch gegen Riedl selbst wurde 1996 ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Es ging um 500.000 D-Mark Schmiergeld, das er vom Rüstungskonzern Thyssen angenommen haben soll. Für eine Verurteilung hat man zu wenig gegen Riedl herausbekommen.
„Asylantenfreie Zone“ in München-Süd
Dass er lupenreiner Amigo im besten CSU-Sinne war, das hat er vor Gericht selbst ausgesagt. Auf den berüchtigten Waffenhändler und Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber angesprochen meinte er: „Wir hatten eine lustige Freundschaft.“
Das war im Steuerhinterziehungsprozess gegen Max Strauß, den Sohn des bayerischen Überministerpräsidenten Franz-Josef. Der stand vor Gericht wegen der Gelder, die er von Schreiber angenommen haben soll. Gegen diesen lustigen Freund und tatkräftigen Politikerschmierer lag damals ein Haftbefehl vor.
Doch Riedl war mehr als ein Ermöglicher von Waffendeals. Er war ein politischer Hardliner. Seinen Wahlkreis wollte er schon mal zur „asylantenfreien Zone“ machen. Auch setzte er sich für die „Absonderung“ von HIV-Infizierten ein.
Insofern verkörperte Riedl so etwas wie die alte CSU, die gewiss nicht anständiger war als die Seehofer/Söder-Partei von heute. Riedl, Vater dreier Söhne, ist am Wochenende im Alter von 85 Jahren verstorben. Die alte CSU befindet sich noch im Überlebenskampf.
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