+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: 12-Punkte-Plan für die Krim

Kiew legt einen Plan zur „Befreiung“ der 2014 von Russland besetzten Krim vor. Russland übernimmt den Vorsitz des UN-Sicherheitsrates.

Jalta: Ein Junge und russische Soldaten nehmen an einer Aktion zum neunten Jahrestag der russischen Annexion der Krim teil Foto: AP/dpa

12-Punkte-Plan zur „Befreiung“ der Krim

Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Olexij Danilow, hat in Kiew einen 12-Punkte-Plan zur „Befreiung“ der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim vorgelegt. So solle als Teil der „De-Okkupation“ etwa die Krim-Brücke mit der Auto- und Eisenbahnverbindung zum russischen Kernland abgerissen werden, teilte Danilow am Sonntag bei Facebook mit. Die Vertreter des Machtapparates in Moskau bezeichnete er als „Müll“.

Die Staatsdiener auf der Krim, die sich 2014 bei der Annexion mit den russischen Besatzern eingelassen hätten, würden einer Säuberung unterzogen nach dem Vorbild der Entnazifizierung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, meinte Danilow. Die Kollaborateure und Verräter des ukrainischen Staates sollen in Strafverfahren zur Rechenschaft gezogen werden, heißt es etwa in Schritt 2 des Plans.

Besonders erwähnte Danilow auch Richter, Staatsanwälte, Angehörige der Sicherheitsorgane, die sich 2014 auf die Seite Russlands geschlagen hätten. Russen, die sich nach Februar 2014, auf der Krim niedergelassen haben, sollen vertrieben werden. Grundstückskäufe und andere Verträge würden annulliert.

„Es wird ein umfassendes Programm der „Entgiftung“ umgesetzt, das die Folgen des langjährigen Einflusses der russischen Propaganda auf das öffentliche Bewusstsein eines Teils der Bevölkerung der Halbinsel neutralisiert“, schreibt Danilow in Punkt 9. Außerdem sollten auch alle politischen Gefangenen, darunter viele Krim-Tataren umgehend freigelassen werden.

Die Atommacht Russland hatte immer wieder gedroht, die Krim mit allen Mitteln zu verteidigen. Zudem warnte Moskau den Westen, Kiew nicht mit Waffenlieferungen zu einer Rückeroberung der Krim zu animieren. Die ukrainische Führung hatte dagegen an den Westen appelliert, sich von den nuklearen Drohungen Moskaus in dem Konflikt nicht beeindrucken zu lassen. Mehrfach hatte es etwa Drohnenangriffe auf der Krim gegeben, teils mit Toten und Verletzten.

Auch russische Staatsmedien berichteten über den Plan Danilows. Der Gouverneur der Krim-Metropole Sewastopol, Michail Raswoschajew, rief die Menschen auf, sich von den Äußerungen der „kranken Leute“ in Kiew nicht beeindrucken zu lassen. „Man muss sie heilen, und darum kümmert sich gerade auch unser Militär“, sagte er mit Blick auf Russlands Krieg gegen die Ukraine. (dpa)

Kritik am Vorsitz des UN-Sicherheitsrates

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat eine Reform des UN-Sicherheitsrats gefordert. Zuvor hatte Russland den Vorsitz des Gremiums übernommen. Erst am Vortag habe die russische Artillerie ein fünf Monate altes Kind getötet und nun übernehme es den Vorsitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, sagte Selenski am Samstag in seiner täglichen Videoansprache. „Es ist kaum etwas vorstellbar, was den vollständigen Bankrott solcher Institutionen besser demonstriert“, so der 45-Jährige.

Ukrainischer Präsident Wolodimir Selenski

Zuletzt hatte Russland den Vorsitz im Februar 2022 inne – als es die Ukraine überfiel Foto: Evgeniy Maloletka/ap/dpa

Vor Selenski hatte schon der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba den Wechsel als „schlechten Aprilscherz“ kritisiert. Der Vorsitz im Sicherheitsrat rotiert monatlich in alphabetischer Reihenfolge, wobei neben den fünf ständigen auch die zehn nichtständigen Mitglieder an die Reihe kommen. Zuletzt hatte Russland den Vorsitz im Februar 2022 inne – als es die Ukraine überfiel.

Selenski hatte aber auch Positives für seine Landsleute zu verkünden. Kyjiw sei gestärkt aus der Woche hervorgegangen, sagte der Staatschef. Er dankte unter anderem Deutschland für die Militärhilfe. Vor wenigen Tagen war das Eintreffen deutscher Schützen- und Kampfpanzer der Typen Marder und Leopard 2 in der Ukraine bekannt geworden. Die Schweiz holte sich ein Dankeschön für ihren Beitritt zu den EU-Sanktionen gegen Russland ab.

Auch Selenski hatte am Samstag neue Sanktionen gegen Russland verhängt. Er habe Hunderte Unternehmen, darunter viele Rüstungsbetriebe, und mehr als 650 Einzelpersonen auf die schwarze Liste gesetzt, teilte Selenski am Abend mit. (dpa)

Ukrainischer Botschafter nennt Friedensappell zynisch

Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hat den Aufruf ehemaliger hochrangiger SPD-Politiker und Gewerkschafter zu Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine scharf kritisiert. „Dieser Friedensappell ist kein Aprilscherz. Das ist ein purer Zynismus gegenüber den zahlreichen Opfern der russischen Aggression“, sagte Makeiev der Deutschen Presse-Agentur. Er habe nur eins zum Ziel: „Die Verbrechen Russlands und dementsprechend die Verantwortung des russischen Regimes zu verschleiern.“ Angesichts des brutalen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine laute der einzig mögliche Friedensappell: „Herr Putin, ziehen Sie sofort Ihre Truppen aus dem kompletten ukrainischen Territorium ab!“

Der Appell mit dem Titel „Frieden schaffen!“ wurde von dem Historiker Peter Brandt, einem Sohn des ehemaligen Kanzlers Willy Brandt, zusammen mit dem früheren Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann, und dem Ex-SPD-Bundestagsabgeordneten Michael Müller initiiert. Darin wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgerufen, zusammen mit Frankreich die Länder Brasilien, China, Indien und Indonesien für eine Vermittlung zu gewinnen, um schnell einen Waffenstillstand zu erreichen. „Das wäre ein notwendiger Schritt, um das Töten zu beenden und Friedensmöglichkeiten auszuloten. Nur dann kann der Weg zu einer gemeinsamen Sicherheitsordnung in Europa geebnet werden.“

Zu den Unterzeichnern zählen Ex-EU-Kommissar Günter Verheugen, der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und die frühere hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti. (dpa)

Hausarrest für Vorsteher des Kyjiwer Höhlenklosters

Ein ukrainisches Gericht hat den Vorsteher des weltberühmten Kyjiwer Höhlenklosters, Pawlo, für zwei Monate unter Hausarrest gestellt. Der Geistliche der ukrainisch-orthodoxen Kirche stehe unter Verdacht, die religiösen Streitigkeiten befeuert und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gerechtfertigt zu haben, berichteten ukrainische Medien aus dem Gerichtssaal. Pawlo muss elektronische Fußfesseln tragen. Der Kontakt mit Gläubigen ist ihm untersagt. Der 61-Jährige bestreitet die Vorwürfe und spricht von einem politischen Verfahren.

Hintergrund sind Streitigkeiten um die Nutzung des Höhlenklosters und die Stellung der ukrainisch-orthodoxen Kirche im Land allgemein. Bis Kriegsbeginn war die Kirche dem Moskauer Patriarchat unterstellt. Obwohl sie sich nach Beginn des Konflikts vom Patriarchat lossagte, wird sie von der politischen Führung in Kyjiw weiterhin der Spionage und Agitation für Moskau verdächtigt. In Kyjiw wurde 2018 schon die von Moskau unabhängige Orthodoxe Kirche der Ukraine gegründet. In dem Zusammenhang hat der Staat der ukrainisch-orthodoxen Kirche nun auch das Nutzungsrecht für das Höhlenkloster entzogen. Die dort lebenden Mönche weigern sich aber auszuziehen. Ein Gerichtsverfahren läuft.

Zumindest Metropolit Pawlo muss das Kloster nun verlassen. Am Morgen hatte die Polizei das Haus des Klostervorstehers auf der Anlage durchsucht. Den Hausarrest muss der Geistliche aber unter seiner Registrierungsadresse absitzen. Diese ist nicht im Kloster. (dpa)

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