■ Jeden Monat neu: Arbeitslosenzahlen. Ein offener Brief: Nachname Jagoda!
Kaum ein Nachname verfügt über einen so ebenmäßig und dreisilbig knappen, dazu einprägsamen Buchstabenbau wie Du, Nachname Jagoda. Selten hat einer zugleich einen konsonantisch wie auch vokalisch so weichen und bejahenden Klang. Kein anderer außer Dir kann sich obendrein damit rühmen, im Polnischen die poetische Bezeichnung für die fruchtigsüße „Heidelbeere“ zu sein und ebendort sogar als Mädchenvorname zu dienen.
Du bist also, Jagoda, ein durch und durch wohlfeiler und exquisiter Nachname von ganz und gar besonderem Glanz – und da wählst Du Dir zum derzeit bekanntesten Deiner Träger ausgerechnet dieses Tränentier vom Arbeitsamt? Jenen larmoyanten Bernhard, der sich allmonatlich aus Nürnberg zuschaltet, um die Nation mit seinen deprimierenden Zahlen, Statistiken und Quoten zu belästigen? Das kann doch wohl nicht angehen, Nachname Jagoda, das darf doch wohl nicht sein, das will auch überhaupt nicht zu Dir passen. Vergeudest Dich an eine so trübe Type?!
Ein Nachname wie Du, Jagoda, hat sich gefälligst angemessenere, strahlendere, schillendere Träger zu suchen. Solche, die allen Anlaß dazu geben, daß, wo immer man Dich im Munde führt, Du staunend buchstabiert, bewundernd geraunt oder begeistert zelebriert wirst – und nicht nur einmal im Monat bloß die Agenturmeldungen verstopfst. Solche, die dafür sorgen, daß Du auf Buchdeckeln und Titelseiten prangst, auf Plakaten, in Leuchtreklamen, auf Zeppelinen und Ballons – statt nur in kleinformatig und sekundenkurz insertierten Einblendungen der Tagesschau. Du gehörst in Boxarenen, Konzerthallen und Stadien so erwartungsvoll angekündigt wie frenetisch bejubelt – und nicht nur in den Nachrichten beiläufig erwähnt.
Such Dir also, Nachname Jagoda, einen Namensträger, der die quietschende Welt glanzvoller aus den rostigen Angeln zu hebeln imstande ist, als es der Jetzige jemals könnte. Schmücke eine an den prächtigsten Opernhäusern gastierende Diva („Maria Jagoda“), beehre einen die gordischsten Knoten entknüpfenden Entfesselungskünstler („Der große Jagoda“), bename eine die illuminiertesten Showtreppen des Universums hinabsteppende Tanztruppe („The Jagodas“) oder wenigstens einen die hartnäckigsten Abwehrrecken lässig umdribbelnden Fußballstürmer („An Jesus kommt keiner vorbei – außer Jagoda“).
Den jetzigen Jagoda aber überlaß bitte gewöhnlicheren Mitbewerbern wie Müller etwa oder Schmiedeskamp, gern auch Lück, Berbner, Skibinsky, Langenhövel, Biedenkopf, Marschhausen oder Leberwurst, und beherzige also in Zukunft, Nachname Jagoda, was auch und gerade für Dich gilt: Name verpflichtet!
Dies aber rät Dir einer, der es wissen muß, weil er nun mal auf den ehrlichen Vornamen Fritz hört, vor allem aber auf Deinen durchaus reputierlichen, überdies mit Fritz so wunderbar korrespondierenden Kollegen TietzFoto: Reuter
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