■ SPD: Der Parteitag hat die Wahl: Nachbessern tut not
Eines hat das Bündnis 90/Die Grünen unter Schmerzen aus der rot-grünen Koalition von 1989 gelernt: bei der Zusicherung des Partners, strittige Themen des Koalitionsvertrags auf eine spätere Prüfung zu vertagen, steht man am Ende mit leeren Händen da. Die SPD, die damals unter Walter Momper die Grünen derart über den Tisch zog, hat dies selber inzwischen vergessen. Anders ist nicht zu erklären, warum die zentrale Frage, in welcher Weise der Schuldenberg abgebaut werden kann, an eine Kommission übertragen wird, die ihre Ergebnisse Ende Mai vorlegen wird.
Das kann einerseits der letzte Sargnagel für die Länderfusion bedeuten. Wer stimmt schließlich Anfang Mai einer Hochzeit zu, wenn die Braut erst hinterher mitteilen will, wie hoch die mit in die Ehe gebrachten Schulden sind? Mancher Fusionsgegner aus der CDU wird sich die Hände reiben über diese Steilvorlage. Düpiert sind zudem die Delegierten des Landesparteitags der SPD, die übermorgen den Koalitionsvertrag absegnen sollen – ohne wesentliche Teile zu kennen. Sie haben es in der Hand, nachzubessern.
Man muß nicht einmal die Meinung vertreten, daß die SPD nur auf der Oppositionsbank neue Kraft und Profil gewinnen kann, um die Verhandlungsergebnisse für mangelhaft zu halten. Das hätten die Sozialdemokraten der nach Mehrheiten suchenden CDU aus der Opposition heraus allemal abtrotzen können. Die SPD-Verhandlungsführer haben sich zum Spielball machen lassen – defensiv und allein darauf konzentriert, die CDU zu bremsen. Im Ergebnis hat die SPD einiges dafür getan, bei der nächsten Wahl noch schlechter abzuschneiden. Die Partei hätte zeigen können, wie man aus der Verwaltung einen schlanken und leistungsfähigen Dienstleistungsbetrieb macht und daß Finanznot kein unsoziales Kaputtsparen bedeuten muß. Diese Chance für ein neues sozialdemokratisches Profil aber hat man mit dem Verzicht auf Finanz- und Innenverwaltung vergeben. Beim Personal sieht es nicht besser aus. Daß ein Apparatschik wie Dzembritzki Senator werden soll, kann in der CDU nur Heiterkeit hervorrufen. Ohne neue und konfliktfähige Gesichter im Senat kann die SPD gleich zum Konkursrichter gehen. Nach der Wahlniederlage im Oktober sollte es kein „Weiter so“ geben. Nach den Koalitionsverhandlungen meint man, das müsse eine andere Partei gesagt haben. Gerd Nowakowski
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