: Nach dem Arbeitslosengeld
■ Was wird bei der Arbeitslosenhilfe angerechnet?
Der rote Faden
Teil 16
Die Arbeits
losenhilfe
Voraussetzungen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe nach §§134ff. AFG sind - was Arbeitslosigkeit, Verfügbarkeit, Meldung und Antrag betrifft - die gleichen wie die beim Arbeitslosengeld. Da die Hilfe aber nur zum Zuge kommt, wenn ein Arbeitslosengeldanspruch nicht (mehr) besteht, ist hier nur eine Mindestbeschäftigungsdauer von 150 Kalendertagen oder das Auslaufen eines Arbeitslosengeldanspruchs erforderlich.
Bedürftigkeitsprüfung, Anrechnung. Der entscheidende Unterschied zum Arbeitslosengeld liegt darin, daß Arbeitslosenhilfe nur nachrangig (subsidiär) gewährt wird. Nachrangigkeit bedeutet, daß Arbeitslosenhilfe nur zu zahlen ist, wenn Arbeitslose bedürftig, das heißt zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes darauf angewiesen sind (§§134ff.). Die Bedürftigkeit wird ermittelt, indem zunächst die Höhe eines eventuellen Einkommens aus anderen Einnahmequellen gegenübergestellt wird. Allerdings wird nach §137 AFG nicht jedes Einkommen angerechnet, sondern nur
-das Einkommen von Ehegatten,
-das Einkommen der Partner/innen einer „nichtehelichen Lebensgemeinschaft“ (Ehe ohne Trauschein)
-das Einkommen der Eltern von minderjährigen Arbeitslosen,
-Unterhaltsansprüche gegenüber Verwandten ersten Grades
-Unterhaltsansprüche gegenüber geschiedenen Ehegatten,
-„geldwerte Leistungen“, die Arbeitslose aus anderen Quellen regelmäßig erhalten, zum Beispiel Unterkunft, Verpflegung,
-nicht bestehende Unterhaltsansprüche gegenüber Verwandten ersten Grades, wenn der/die Arbeitslose durch sein/ihr Verhalten einen an sich bestehenden Unterhaltsanspruch zunichte macht (dies in der BRD erst zum 1. Juli 1989 eingeführte Variante ist höchst umstritten).
Unterhaltsansprüche und real fließende Zuwendungen werden nur in der tatsächlichen Höhe auf den Arbeitslosenhilfeanspruch angerechnet, das Nettoeinkommen von Eltern Minderjähriger, Ehepartner/innen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft dagegen in voller Höhe abzüglich der Werbungskosten, eines Selbstbehalts von DM 150,- pro Woche und weiteren je 70,-DM für alle Personen außer dem/der Arbeitslosen, denen Unterhalt gewährt wird.
Beispiel: Ein Arbeitsloser lebt mit seiner Frau zusammen, die im Monat 1000,-DM nach Abzug von Steuern, Sozialversicherung und Werbungskosten verdient. Die beiden haben zwei Kinder, der Arbeitslosenhilfeanspruch des Mannes würde sich auf 400,-DM belaufen. Die Frau hat einen monatlichen Selbstbehalt von 650,-DM (150 DM*13 Wochen:3 Monate), für die Kinder kommen noch einmal 606'DM hinzu. Danach ist kein anrechenbares Einkommen mehr vorhanden, der Mann erhält Arbeitslosenhilfe in voller Höhe. Ohne Kinder blieben vom Einkommen der Frau ein Rest von 350,-DM, der Mann erhielte Arbeitslosenhilfe in Höhe von 50,-DM monatlich 11,50 DM wöchentlich.
Auf die Arbeitslosenhilfe nicht angerechnet werden zum Beispiel:
-zweckgebundene öffentliche und private Leistungen,
-die Erfüllung eines Schadenersatzanspruches (allerdings kann der/die Arbeitslose nun plötzlich in die Kategorie „vermögend“ nicht bedürftig fallen),
-Leistungen aus Eigenvorsorge für den Fall der Arbeitslosigkeit (Privatversicherung),
-Leistungen der freien Wohlfahrtspflege oder von Dritten, die zur Ergänzung der Arbeitslosenhilfe freiwillig gewährt werden,
-Kindergeld, Zuschuß zum Familieneinkommen, Mütterunterstützung,
-die niedrigere Arbeitslosenhilfe, wenn beide Partner/innen einer Ehe oder nichtehelichen Lebensgemeinschaft Arbeitslosenhilfe beziehen.
Hat der/die Arbeitslose, sein/ihr Ehegatte oder bei minderjährigen Arbeitslosen deren Eltern solch ein hohes Vermögen, daß daraus auf die Fähigkeit zur Bestreitung des Lebensunterhalts aus eigener Kraft geschlossen werden kann, wird die Bedürftigkeit per se verneint, ohne daß die konkrete Berechnung noch angestellt werden müßte. In der BRD liegt die Grenze für „Schonvermögen“, dessen Verwertung nicht zumutbar ist, derzeit bei 8000,-DM.
Höhe und Dauer. Die Arbeitslosenhilfe beträgt nur 58 Prozent beziehungsweise 56 Prozent des letzten Nettolohns. Die Dauer ihres Bezuges ist zeitlich nicht begrenzt.
Sozialzuschlag, Übergangsregelungen
Nach §242 werden Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhalts- und Übergangsgeld durch einen Sozialzuschlag auf DM 115,- wöchentlich aufgestockt, höchstens jedoch bis zum durchschnittlichen Nettolohn, nach dem die Leistung berechnet worden ist. Kurzarbeitergeld wird durch den Sozialzuschlag auf DM 2,86 pro ausgefallene Stunde erhöht.
Nach §249b Abs.5 gelten Beschäftigungszeiten vor dem 1.7.1990 als beitragspflichtig, wenn der/die AntragstellerIn wöchentlich mindestens 18 Stunden gearbeitet hat. Vor dem 1.7.1990 entstanden Ansprüche auf staatliche Unterstützung und betriebliche Ausgleichszahlungen wegen Arbeitslosigkeit werden gem. §249b Abs.3 in Arbeitslosengeldansprüche umgewandelt. Die Dauer des Anspruchs beträgt bei Arbeitslosen unter 42 Jahren 312 Tage und steigert sich schrittweise auf 832 Tage für über 54jährige. Gerechnet wird ab dem Zeitpunkt, an dem erstmals ein Anspruch auf Unterstützung bestand.
Sibylle Röseler
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