: Nach Irangate droht Familienzwist im Weißen Haus
■ Bruder Neil beschuldigt den US–Präsidenten öffentlich der Unterschlagung / Contrachef Calero will über Tarnfirma Geld von North erhalten haben / Reagan fordert Freigabe der letzten Rate der US–Unterstützung / US–Zoll ermittelt über Contra–Belieferung via Südafrika
San Diego (afp/dpa) - Der 78jährige Neil Reagan, Bruder des US–Präsidenten Ronald Reagan, hat diesen in einem Interview in der kalifornischen Zeitung The Citizen beschuldigt, Gelder zugunsten der antisandinistischen Contras in Nicaragua „unterschlagen“ zu haben. Das Geld habe aus den Waffenlieferungen an den Iran gestammt. Reagan habe dies beschlossen, nachdem sich der Kongreß gewei gert habe, die Contras finanziell zu unterstützen. Er habe telefonisch gefordert, man solle „diese Typen“ im Iran kontaktieren und sie fragen, ob sie Waffen brauchten. Präsident Reagan reagierte mit Verblüffung: „Das soll mein Bruder gesagt haben?“, meinte er vor Journalisten. Das Weiße Haus enthielt sich jeglichen Kommentars. Ronald Reagan hatte zuletzt am Mittwoch erneut dementiert, er sei über die Zahlungen an die Contras auf dem Laufenden gewesen. Unterdessen berichtete Calero, der Chef der größten Contragruppe, „Nicaraguanische Demokratische Streitmacht“ (FDN), am Donnerstag in Washington, daß im Oktober 1985 eine Spende von 200.000 Dollar von der Firma Lake Resources auf einem der Rebellen–Konten eingegangen sei. Lake Resources ist eine Tarnfirma, die der frühere Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates, Oliver North, nach den bisherigen Verdachtsmomenten betrieb, um Erlöse aus den Waffenverkäufen an die Contras umzuleiten. Calero räumte auch ein, daß North die Kontonummer der Contra gekannt habe. Allerdings wisse er weiterhin nicht genau, wo die 32 Millionen Dollar herkamen, die seine FDN von Juli 1984 bis März 1985 erhalten habe. Ebenfalls am Donnerstag forderte Reagan den von den Demokraten geführten Kongreß auf, eine letzte Teilzahlung in Höhe von 40 Millionen Dollar für die nicaraguanischen Contras freizugeben. Die Summe gehört zu der Hilfe von 100 Millionen Dollar für die Contra, die Senat und Repräsentantenhaus im vergangenen Jahr gebilligt hatten. Die Demokraten im Repräsentantenhaus kündigten für die kommende Woche hingegen einen Gesetzesentwurf an, der jede Hilfe an die Contras unterbindet, solange die Frage der Umleitung von Gewinnen aus den illegalen iranisch– amerikanischen Waffengeschäften an die Contras nicht geklärt ist. Inzwischen haben die amerikanischen Zollbehörden auf Veranlassung des US–Außenministeriums Ermittlungen eingeleitet, ob Washington unter Verletzung des internationalen Embargos Waffen an Südafrika geliefert hat. Dabei geht es auch um eine mögliche Unterstützung Südafrikas für die Contra in Nicaragua.
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