: „Na, na, ach ja, putt, putt“
■ Kontaktversuche der Bremer Beölkerung mit exotischen Vögeln auf der Vogelschau
Keine Mutanten, sondern ein Amazonas-Duo auf dem Ersatzbaum Foto: T.V.
Ein Gurgeln, Pfeifen und Tirilieren hing gestern in der Luft der Stadthalle. Die meisten Laute gaben jedoch nicht die Vögel, sondern die Menschen von sich. Sie drückten ihre Nasen an die Vogelkäfige: „Na, du, du, du. Na, komm doch mal.“ Unter solchen Aufforderungen und ähnlich unanrtikulierten Gesprächsfetzen mischte sich häufig ein leises Pfeifen oder Zirpen mit geschürzten Lippen. Eine Dohle fand Gefallen an dem älteren Mann mit der schütteren Silberpracht auf dem Kopf, der sich auf ein leises vertrautes Flüstern konzentriert
hier foto Papageien
hatte. Sie hüpfte zu seiner Begeisterung eng ans Maschennetz ihres Käfigs heran, um ihm laut ins Gesicht zu kreischen.
„Ich bin immer geschockt, wenn die Kinder nicht wissen, wo die Eier her kommen“, sagt Arnold Mahlstedt vom Verein Bremer Vogelliebhaber. Er hatte etwa 500 Freikarten an die Schulen verschenkt, weil er versuchen will, die Kinder „aus dieser technisierten Welt herauszuholen“. Sie müßten sich mit der Natur beschäfigen und ein Verantwortungsbewußtsein dafür entwickeln. Kaum ausgesprochen wird
Mahlstedt von einem Vater angesprochen: „Mein Sohn will wissen, was er für einen Vogel halten könnte, und wieviel Zeit er dafür braucht.“
Damit ein Vogel nicht unbedacht gekauft wird, sind an einer Stellwand Tips zur Papageienhaltung angebracht. Wünschenswert sind zum Beispiel zwei Stunden tägliche Umgangszeit mit dem Papagei. „Wenn ich mit meiner Katze schmuse, wird er eifersüchtig. Dann spreizt er alle Federn und schreit ganz laut“, vertraut da die eine Vogelliebhaberin einer anderen an. Fachgespräche werden nicht nur unter dem Publikum geführt. Die AusstellerInnen vermitteln Adressen unter anderem zur Partnervermittlung für die Vögel. Menschliche Hilfe ist für die Arterhaltung mittlerweile fast notwendig geworden. Durch Brandrodungen, Industrieansiedlungen und den Einsatz von Pestiziden werden weltweit die Lebensräume vieler Vogelarten zerstört. Die VogelliebhaberInnen sorgen für sachkundige Zucht, damit die Arten vor der Ausrottung bewahrt werden.
In 60 geräumigen Volieren haben sich die Exoten am Wochenende präsentiert. Etwa 80 Prozent aller Käfig-InsassInnen findet man nicht im Zoohandel. Wie zum Beispiel der Hartlaub-Blauhäher mit seinem blauen Kopf und schwarzem Gefieder, der erstmals von einem Bremer Ornitologen beschrieben wurde. Auch einen Mäusebussard findet man nicht im Zoohandel, außerdem darf er nur „mit besonderer behördlicher Genehmigung“ gehalten werden.
Neben den Vögeln in ihren großzügigen Käfigen wurden außerdem verschiedene Nester gezeigt, Futterbeispiele präsentiert und Baumnistplätze ausgestellt. Am Samstag zählte der Veranstalter 1.000 BesucherInnen und am Sonntag rechnete Arnold Mahlstedt mit 4.000 interessierten Prachtexemplaren von der nichtgefiederten Art.
vivA
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