■ Daten und Fakten: NS-Fernsehen
Ende der 20er Jahre wurde in England, den USA und Deutschland parallel an der Entwicklung eines neuartigen Bild-Radios geforscht, schon 1929 wurde auf der Berliner Funkausstellung das Fernsehen etwas voreilig als „Wohnzimmerrealität“ ausgerufen. Dieses Ziel wurde erst nach dem Krieg erreicht.
Anfang der 30er Jahre bestaunte man immerhin die bewegten Bilder, die viel kleiner und unschärfer waren als das Kinobild, in speziellen Fernsehstuben der Reichspost. Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, betrieben sie die TV-Forschung zunächst allein aus Prestigegründen: Das neue Medium war gegenüber dem Hörfunk weder weit genug entwickelt noch ausreichend verbreitet, um Goebbels' Propaganda dienlich zu sein. Sein Steckenpferd war das Kino. Bestensfalls wollte er 1935 der englischen BBC mit einem regulären Programmbeginn zuvorkommen. Die Fernsehempfänger wurden in Postämtern, später in Fernsehstuben aufgestellt. Die TV-Übertragung der Sommerolympiade 1936 machte das Fernsehen landesweit bekannt. Telefunken hatte eigens eine Kamera für Außenübertragungen entwickelt, die wegen ihrer gigantischen Dimensionen (2,20 m lang, Objektivdurchmesser 40 cm) „Fernseh-Kanone“ genannt wurde. Nach der Olympiade wurde das Programm auf täglichen Sendebetrieb erweitert, der sich am Hörfunk orientierte: Kultur, Tips, Rätsel, bunte Abende.
Kurz vor Kriegsbeginn kam dann der erste „Volksfernseh-Empfänger FE1“ auf den Markt. Aber mit dem Einmarsch in Polen wurde das Fernsehen kriegswichtig: Die Forschung arbeitete an Fernsehköpfen für Raketen, das reguläre TV-Programm wurde nun doch mit ideologischen Ertüchtigungsfilmen in die Propaganda integriert. Anfang der 40er Jahre wurde das neue Medium dann zur Truppenbetreuung rekrutiert und schließlich als „Lazarettfernsehen“ eingesetzt. Der reguläre Betrieb wurde immer weiter zurückgedrängt. Im Dezember 1944 waren so viele Sender zerstört, daß der Programmbetrieb endgültig eingestellt wurde. klab
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