NRW fordert Subventionen zurück: Nokia soll 60 Millionen zahlen
Die Landesregierung fordert die an Nokia gezahlten Subventionen zurück. Der Grund: Der Konzern habe nicht genug Arbeitsplätze geschaffen - das war aber Teil des Deals.
DÜSSELDORF taz Im Streit um die Schließung des Bochumer Nokia-Werks erhöht Nordrhein-Westfalens Landesregierung den Druck auf den finnischen Handyhersteller: Landeswirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) fordert Subventionen von knapp 60 Millionen Euro zurück. "Geltend gemacht werden insgesamt rund 41 Millionen - zuzüglich Zinsen", sagt Thobens Sprecher Joachim Neuser.
Sollte das Geld nicht bis zum 31. März bei der landeseigenen NRW-Bank eingegangen sein, werde der Anspruch "gerichtlich durchgesetzt". Das Düsseldorfer Wirtschaftsministerium begründet seine Forderung mit Arbeitsplatzzusagen, die Nokia nicht eingehalten habe. Im Gegenzug für Subventionen habe sich der Handyhersteller verpflichtet, am Standort Bochum mindestens 2.860 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen, diese Zusage aber seit 2002 nicht eingehalten.
Nokias Deutschland-Zentrale wies die Vorwürfe prompt zurück: "Wir haben alle Auflagen, sowohl was die Mitarbeiterzahl als auch was die zugesagten Investitionen angeht, erfüllt", so Sprecherin Kristina Bohlmann. Nokia habe das NRW-Wirtschaftsministerium laufend über die Mitarbeiterzahlen informiert. Dabei sei nie beanstandet worden, dass ein Teil der Beschäftigten über Zeitarbeitsverträge bei Fremdfirmen angestellt war.
Die geplante Schließung des Bochumer Werks war Mitte Januar bekannt geworden. Nokia will die Handyproduktion Mitte des Jahres vollständig nach Rumänien verlagern - die Produktion in Cluj läuft bereits. Die Finnen zahlen dort Monatslöhne von rund 200 Euro brutto, die Hälfte des rumänischen Durchschnittsverdienstes. In den Textilfabriken rund um Cluj aber sind Bruttolöhne von nur 100 Euro üblich.
Vertreter der IG Metall begrüßten die Rückforderung der Subventionen. "Alles, was Nokia unter Druck setzt, hilft insgesamt", sagt der Sprecher des IG-Metall-Bezirks NRW, Wolfgang Nettelstroth. In Bochum laufen zur Zeit die Sozialplanverhandlungen: Gewerkschaft und Betriebsrat fordern von den Finnen eine Beschäftigungsgarantie bis Ende 2008. Mitarbeiter, die dann noch keinen neuen Arbeitsplatz gefunden haben, sollen in eine noch zu gründende Transfergesellschaft übernommen werden. "Die letzten Mitarbeiter würden dann erst Mitte 2010 in die Arbeitslosigkeit gehen", beschreibt die Chefin der IG Metall in Bochum, Ulrike Kleinebrahm, die Gewerkschaftsstrategie. "Ich erwarte, dass die vom Land jetzt zurückgeforderten Millionen zur Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen hier in der Region verwendet werden", so Kleinebrahm zur taz.
Der Hintergrund: Gewerkschaft wie Betriebsrat fürchten, dass viele der angelernten Bochumer Produktionshelfer in die Arbeitslosigkeit abrutschen. Zwar denkt Wirtschaftsministerin Thoben über die Schaffung eines Technologieparks am bisherigen Nokia-Standort nach - doch dort dürften vor allem neue Jobs für die gut ausgebildeten Mitarbeiter der Forschungsabteilung entstehen. "Wir brauchen aber ein Konzept, das für alle trägt", sagt Gewerkschaftssekretärin Kleinebrahm.
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