■ MediaBazaar: NDR ohne Hearings
Hamburg (taz) – Im „Superwahljahr“ 1994 wird der NDR – soweit selbst betroffen – keine Wahlhearings veranstalten. Das beschlossen die Intendanten und Direktoren am 17. Januar. Der NDR verläßt mit diesem Beschluß die bislang geschlossene Reihe der ARD. Die will Wahlhearings mit allen Parteien machen, die bei 2,5 Prozent oder mehr landen könnten – das betrifft namentlich die Reps und die DVU.
Während in den NDR-Chefetagen die Kontroverse um Hearings noch brandete, hatten die Parteien Niedersachsens in den letzten Tagen Fakten geschaffen. Von den Grünen erging die Aufforderung an die Landtagsparteien, auf Wahlhearings völlig zu verzichten. Jetzt ließ die Staatskanzlei Niedersachsen dem NDR mitteilen, daß Ministerpräsident Schröder (SPD) auf Hearings zusammen mit Rechten verzichten werde. Auch Politiker von CDU und FDP sprachen sich gegen Wahlhearings mit rechten Ultras aus.
Obsolet geworden war damit die „Variante A“ aus der Beschlußvorlage des NDR-Direktoriums: Wahlhearings mit allen Parteien, die über 2,5 Prozent kommen könnten. Diese Marge hatten Verwaltungsgerichte und das Bundesverfassungsgericht in ihren Urteilssprüchen errichtet und damit Reps und DVU den Weg in die TV-Studios gebahnt. In einem NDR-internen Papier zur „Variante A“ hatte der Vizechefredakteur NDR- Fernsehen, Joachim Wagner, argumentiert: „Die Teilnahme rechter Parteien verspricht kontroverse und spannendere Sendungen.“ Ihm entgegneten unter anderem die Direktorin des Funkhauses Hannover, Lea Rosh: „Für mich ist Rechtsextremismus eine Bedrohung unserer Demokratie. Also ist er kein Unterhaltungselement in ansonsten langweiligen Wahlsendungen.“ Die „Variante B“, für die sich der NDR nun entschied, beinhaltet keine Wahlhearings, wohl aber redaktionell gestaltete Sendungen – zu den Parteien, KandidatInnen und Zielen. Anders die ARD-Intendanten und -Chefredakteure: Sie setzen auf Wahlhearings mit allen Parteien, die potentiell über 2,5 Prozent kommen, es sei denn, die PolitikerInnen der anderen Parteien spielen nicht mit.Britta Nitz
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