Mysteriöse Kämpfe im Kongo: Das M23-Phantom
Die Rebellen, die einst den Osten der Demokratischen Republik Kongo in Atem hielten, sollen wieder da sein. Oder ist das alles ein Ablenkungsmanöver?
Diese Nachrichten wecken im Ostkongo Erinnerungen an das Jahr 2012, als die M23 nicht nur Rutshuru, sondern sogar die Provinzhauptstadt Goma eingenommen hatte und die Armee vor sich hertrieb. Es war eine der größten militärischen Eroberungen von Rebellen in dieser Region seit dem Ende des Kongokrieges 2003 gewesen. Erst 2013 wurde die M23 mit Hilfe einer UN-Spezialbrigade geschlagen und rettete sich über die Grenzen nach Ruanda und Uganda. Dort wurden die knapp 1200 M23-Kämpfer entwaffnet und in Lagern einquartiert, wo sie zum Teil bis heute hausen.
Jetzt bestätigte der kongolesische Armeesprecher Major Njike Kaiko Guillaume Kämpfe im Bezirk Rutshuru unweit der ugandischen Grenze. Es seien drei Soldaten getötet und einer verwundet worden. Von wem, wollte er zunächst nicht sagen.
„Es ist wahr, dass die Armee vorgestern Zusammenstöße mit Angreifern in Bikenge hatte“, erklärte er am Montag. „Noch heute hatten wir am Fuße des Berges Sabinyo Zusammenstöße mit bewaffneten Männern, denen wir jedoch nicht sofort eine Identität geben wollen, bevor unsere Geheimdienste ihre Arbeit erledigen.“
Versteckt in den Bambuswäldern
Der Verdacht auf die M23 liegt nahe. Denn M23-Militärführer Sultani Makenga hat sich Anfang 2017 mit knapp 100 seiner Kämpfer aus Uganda davongemacht und sich in den Bambuswäldern an der Flanke des erloschenen Sabinyo-Vulkans im Dreiländereck eingenistet. Dort wartet er seitdem auf „den richtigen Moment“, wie er der taz mehrfach kommuniziert hat.
Fotos, die die taz jüngst gesehen hat, zeugen davon, dass die Kämpfer sich Bambushütten errichtet hatten und gut versorgt wirken. Der sonst so dürre Makenga sieht wohlgenährt und gut gelaunt aus. Offiziell will er keine Interviews geben, doch vor wenigen Tagen ließ er ausrichten: Er sei entspannt und amüsiert über die Gerüchte, die die Kongolesen nun verbreiten.
M23-Präsident Bertrand Bisimwa verneint aus Ugandas Hauptstadt Kampala heraus jegliche Kämpfe. „Wir verurteilen die Manipulation in Rutshuru durch einige Soldaten der nationalen Armee, die Panik auslösen, indem sie den Fall der Stadt Rutshuru unter der Kontrolle von M23 in dieser Nacht ankündigen,“ so seine Erklärung. „Was gestern in Rutshuru passiert ist, ist die Folge der Angst in sozialen Netzwerken, die die Armee dazu veranlasste, Warmschüsse durchzuführen, um ihre Anwesenheit zu markieren und einen möglichen Feind abzuschrecken.“
Der „mögliche Feind“ ist laut M23 die ruandische Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas). Deren Logistikeinheit, für den Handel mit Uganda zuständig, habe sich zwischen Bikenge und der Grenze verschanzt und auch mit den Armeesoldaten Geschäfte gemacht. Dabei sei es zum Streit gekommen – und zum Feuergefecht. Die Schuld nun der M23 zuzuschieben, sei ein „Ablenkungsmanöver“, um die Kollaboration zwischen Kongos Armee und FDLR zu vertuschen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
HTS als Terrorvereinigung
Verhaftung von Abu Mohammad al-Jolani?