: Mutig den Angstbildern entgegentreten
■ Das Theater Triebwerk und die Theaterwerkstatt Hannover lassen einen tapferen Feigling ins Haus meines Lebens, die Träume und Alpträume der Kindheit reisen
Wer der Angst ins Gesicht sehen will, braucht Mut. Besonders für Märchenhelden eine sehr nützliche Eigenschaft, die sie aber manchmal erst lernen müssen. Auch Frederik, Hauptfigur in Suzanne van Lohuizens Stück Das Haus meines Lebens, ist nicht sehr mutig, obwohl er schon erwachsen ist. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – nimmt er sich eine große, phantastische und abenteuerliche Reise vor. Die Route führt ihn zu seinen Kinderträumen zurück und hat drei Etappen: eine geheimnisvolle, eine schreckliche und eine schöne.
Daß Frederik zu Anfang die Knie schlottern, ist verständlich. Immerhin beginnt die Reise in seinem Elternhaus, und das ist mit einem dunklen Geheimnis verbunden. Eine Schwester taucht dort auf, die er nie kannte und über die nie geredet wurde. Auf dem Weg zu ihr gelangt der Gefahrensucher in eine Unterwelt, in der sich die Angst zu Bildern verdichtet und Formen annimmt. Echte Menschen verschmelzen mit Phantasiewesen aus Träumen und Alpträumen.
Ob man jugendlichem Theaterpublikum ein so düsteres Thema wie Angst zumuten kann? Das Problem liege eher bei den Erwachsenen, sagt Regisseur Thomas Bammer vom Theater Triebwerk. Die Gruppe hat das Stück zusammen mit der Theaterwerkstatt Hannover produziert und dort im vergangenen Herbst aufgeführt, deswegen kann Bammer bereits auf positive Reaktionen verweisen. Schließlich hat jedes Kind Angst, und Gruseln kann ja auch ganz schön sein. Wichtig sei es, sagt Bammer, das Publikum in das Stück hinein- und wieder herauszuführen.
Und noch etwas ist allen Beteiligten wichtig. Das Haus meines Lebens ist keine Schulstunde, sondern erstens Theater für alle ab elf Jahren und zweitens ziemlich aufwendig. Um die Träume auf eine reale Bühne zu bringen, verbindet die Inszenierung Schauspiel, Tanz, Musik und Film und läßt neben Frederik (Erik Schäffler) sieben weitere Darsteller und drei Musiker auftreten.
Gruselspaß, Spektakel und ein ernster Hintergrund also. Die Ansichten der holländischen Autorin Suzanne van Lohuizen, der beiden deutschen Jugendtheatergruppen und der Choreographin Angela Guerreiro treffen sich vor allem in einem Punkt: Weder bedeutungsschwanger noch verniedlichend soll es auf der Bühne zugehen. Sondern temperamentvoll, komisch und lebendig.
Barbora Paluskova
Premiere: Mittwoch, 28. Januar, 11 Uhr, Kampnagel (k1)
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