: Muß doch nicht sein
■ Handwerkskammer fordert mehr Phantasie in der Arbeitsmarktpolitik
„Wir müssen die kleinen und mittleren Unternehmen in den Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik rücken“, fordert der Präsident der Hamburger Handwerkskammer, Dieter Horchler. In den 13.000 Hamburger Handwerksbetrieben herrsche eine stabile Beschäftigungssituation mit annähernd 120.000 Arbeitsplätzen. „Wenn nur jeder zweite dieser kleinen Betriebe einen zusätzlichen Mitarbeiter einstellt“, so Horchler, „kann die Arbeitslosigkeit um annähernd die Hälfte sinken.“
Der Hamburger Arbeitsmarktpolitik mangele es an Phantasie, rügte Horchler. Und: „Der zweite Arbeitsmarkt ist keine Alternative zu Dauerarbeitsplätzen in der Wirtschaft.“ Immerhin 80.000 Mark zahle der Staat für einen Sozialhilfeempfänger, der in einer Beschäftigungsgesellschaft tätig sei. „Mit einem Drittel dieser Ausgaben lassen sich über Lohn- und Einarbeitungszuschüsse feste Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt schaffen.“
Eine gute Nachricht hat Dieter Horchler für alle Schulabgänger: „Allein im Handwerk konnten bislang 1500 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden.“ Deshalb ist die Handwerkskammer mit verschiedenen Programmen aktiv geworden. „Ein mehr nach der Vorbildung der Schulabgänger differenziertes Angebot in der Berufsausbildung soll der steigenden Nachfrage nach Ausbildungsplätzen durch Jugendliche ohne Hauptschulabschluß oder Abitur Rechnung tragen“, sagt Jürgen Hogeforster, Hauptgeschäftsführer der Hamburger Handwerkskammer.
Es wird neben dem erfolgreich erprobten Abschluß „Bau- und Metallmaler“ demnächst weitere Angebote für Lernschwache geben. Die Ausbildung verzichtet auf einen Großteil der theoretischen Grundlagen und ist unterhalb der Gesellenebene angesiedelt. Abiturienten und Lernstärkere haben die Möglichkeit, einen eigenständigen Ausbildungsgang zum „Technischen Betriebswirt“ zu absolvieren.
Weiterhin beabsichtigt die Handwerkskammer, mit ihren eigenen Weiterbildungseinrichtungen „Vermittlung und Qualifizierung“ von Arbeitslosen „aus einer Hand“ anzubieten. „Außerdem schlagen wir vor“, so Hogeforster, „Existenzgründer mit einer Prämie von 20.000 Mark zu belohnen, wenn sie ein Jahr nach Unternehmensgründung mindestens einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.“ Doch die Handwerkskammer sieht ihre Bemühungen nicht ausreichend staatlich gefördert. „Im Gegensatz zur Hochschulbildung werden die Fortbildungsbemühungen des Handwerks nur noch gering finanziell unterstützt“, kritisiert Jürgen Hogeforster. Torsten Schubert
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