: Museum muß Kohl weichen
■ Kanzleramt kommt an den Spreebogen/ Wichtige Ministerien sollen auf die Spreeinsel ziehen/ Verständigung zwischen Kohl, Diepgen und Hassemer
Berlin. Bundeskanzler Helmut Kohl will zukünftig im Spreebogen residieren. Schräg gegenüber dem Reichstag soll das neue Kanzleramt erbaut werden. Auf diesen Standort verständigte sich Kohl bereits am letzten Donnerstag mit dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen sowie dem Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer. Die beiden Berliner hatten mit dem Kanzler einen vierstündigen Spaziergang unternommen, um ihm ihren Standpunkt zur weiteren Planung zu erläutern.
Wie Stadtentwicklungssenator Hassemer dem Parlamentsausschuß für Stadtentwicklung gestern berichtete, sei dabei eine »Übereinstimmung in vielen Punkten erzielt« worden — Einigkeit unter anderem darüber, daß der Bundeskanzler einen Flächenbedarf hat, der dazu führen wird, »daß auch die gegenüberliegende Seite der Spree in Anspruch genommen wird«.
Das Deutsche Historische Museum, für das Kohl an dieser Stelle bereits den Grundstein gelegt hatte, muß seinem Gründervater weichen. Es soll im Zeughaus untergebracht werden. Da dieses nicht über die gleiche Ausstellungsfläche verfügt, wie im Rossi-Entwurf vorgesehen, sollen auch die Gebäude genutzt werden, die nördlich des Schlüterbaus an der Spree liegen. Dies sei, so Hassemer, mit Museumsdirektor Stölz abgesprochen.
Vom Bundeskanzler erhielt man auch die Zustimmung, daß das Gebiet vis-a-vis des Reichstages, auf dem früher die Kroll-Oper stand, für den Bundesrat genutzt wird. Für das gesammte Areal des Spreebogens ist »eine zurückhaltende Bebauung, die nicht über den Reichstag hinausgeht« vorgesehen.
Der Kanzler hat auch Abstand von seinem Wunsch genommen, alles »fußläufig« erreichen zu wollen. Wichtige Ministerien sollen auf der Spreeinsel Platz finden, um das alte Stadtzentrum seiner Bedeutung entsprechend auszustatten. Der Marx- Engels-Platz ist, nach Hassemers Worten, zu wichtig, um ihn nur wirtschaftlich rechnenden Nutzungen anheim zu stellen. Gefragt sei vielmehr eine »hochrangige öffentliche Nutzung«.
Der Bundeskanzler habe die Idee gehabt, ein staatliches Kongreßzentrum auf diesem Areal zu errichten. Kohl konnte auch dafür gewonnen werden, sich für einen Eisenbahnverkehr bis in die Stadtmitte auszusprechen. Bislang war von seiten des zuständigen Bonner Ministers, Günther Krause, eine Trassenführung bis an den S-Bahn-Ring befürwortet worden.
Kohl stimme auch der Forderung zu, am Brandenburger Tor nicht nur Regierungsbauten zu errichten. Das Thema »Durchfahrung des Brandenburger Tores« habe man sich jedoch, so Hassemer, »verkniffen«. dr
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