■ Querspalte: Murren mit Murmann
So kommen wir nicht weiter! Seit knapp zehn Jahren kämpft Klaus Murmann als Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände im Zweijahresrhythmus für eine ungerechte Gesellschaft. Er begann damit bereits kurz nach seinem Amtsantritt. 1987 machte er erste Vorschläge, wie lästige und überflüssige Arbeitnehmer vor die Tür zu setzen seien („Mehr Flexibilität im Kündigungsschutz“). Und nicht erst jetzt, sondern schon 1989 entwickelte er sein erstes Lohneinsparprogramm („Anpassung der Löhne an die Firmenkonjunktur“), dem 1991 die Schurigel-Papiere („Reform der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall“) folgten. Zur gleichen Zeit meldete der umtriebige Dr. jur. den von ihm ersonennen Faulpelzdetektor zum Patent an („Kommission zur Untersuchung des Krankenstandes von Arbeitnehmern“).
Allerdings wurden Murmanns Aktivitäten von der Mehrheit der Bevölkerung nicht gewürdigt. Schuld daran waren und sind vor allem die Gewerkschaften, die etwa die Operation Saftpresse störten – ein genialer Einfall des Arbeitgeberpräsidenten, der zum Beispiel dafür gesorgt hätte, daß Staublungen und Wirbelsäulen dort wieder einsatzfähig gemacht werden, wo es sich gehört: im Urlaub. 1993 unternahm der Freizeitsegler einen weiteren Versuch, seinen Vorschlag von 1989 durchzusetzen. Der neue Titel Plussparen („Mindestkonditionen statt Tarifverträge“) brachte jedoch wieder nichts. Das Gemurre über Murmann muß endlich aufhören, damit sich der vierfache Aufsichtsrat nicht länger wiederholen und neue Titel für alte Ideen ausdenken muß.
Ohnehin läuft Murmann die Zeit davon. Im nächsten Jahr ist er im pensionsfähigen Alter. Wenn wir noch etwas von Murmanns modernen Maßnahmen hören wollen – Abschaffung des Mutterschutzgesetzes, Herabsetzung des Mindesturlaubs, Wiedereinführung des 12-StundenTages und schrittweise Rückkehr zur praktischen Leibeigenschaft –, dann muß bis dahin der Sozialstaat ordentlich abgebaut sein. Gebt Murmann eine Chance! Carola Rönneburg
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