: Munitionsexport in Türkei geplatzt
■ Österreich moniert Menschenrechtsverletzungen gegen politische Häftlinge und Kurden
Wien (taz) - Mit Hinweis auf die schweren Menschenrechtsverletzungen in der Türkei hat das österreichische Innenministerium bereits Ende vergangener Woche einen Waffendeal zwischen Wien und Ankara platzen lassen. Die vom Exportverbot betroffene Firma Hirtenberger hatte Maschinengewehrmunition im Gesamtwert von 600.000 Dollar an die türkische Regierung liefern wollen. Bestimmt war die Munition für Spezialeinheiten der türkischen Polizei, die in Kurdistan eingesetzt werden, wo seit einigen Wochen praktisch Kriegsrecht besteht, türkische Militärs Dörfer und Städte kontrollieren und die Bürgerrechte einschließlich der Pressefreiheit außer Kraft gesetzt sind.
Fast zeitgleich mit der Veröffentlichung des jüngsten amnesty-international-Berichts über fortgesetzte Folterungen in türkischen Gefängnissen und über die Willkürparagraphen im türkischen Strafgesetz, die neben Kommunisten vor allem Kurden zu Opfern machen, war in der vergangenen Woche in Wien auch der Waffendeal bekanntgeworden. In einem hilfreichen Brief versuchte der österreichische Handelsdelegierte in Ankara noch, der Firma Hirtenberger Rückendeckung für ihr Geschäft zu geben. Er schrieb, im „Südosten“ der Türkei - so wird Kurdistan im offiziellen Regierungstürkisch genannt - könne es schon deshalb gar keine Verfolgung von Kurden geben, weil es diese gar nicht gebe. Mit diesem Hinweis folgte der österreichische Handelsdelegierte der Linie der türkischen Regierung, die das Zehnmillionenvolk im Südosten der Türkei schlicht ignoriert.
In Österreich überraschte das vom Inneministerium verhängte Exportverbot. Schließlich hatte der sozialdemokratische Minister Franz Löschnak noch Anfang dieses Jahres einen hohen Beamten in die Türkei geschickt, um mit den dortigen Behörden Maßnahmen gegen Schlepper zu unternehmen, die Flüchtlinge nach Österreich befördern. Ergebnis des Reiseberichtes im Januar: „Es gibt keine Diskriminierung der Kurden.“
Die gedeihliche Zusammenarbeit zwischen österreichischen und türkischen Behörden könnte nun brüsk zu Ende gehen. Ein Sprecher des Ankaraer Außenministeriums drohte bereits, seine Regierung werde sämtliche Verpflichtungen prüfen, die sie mit der österreichischen Rüstungsindustrie eingegangen sei.
Michael Völker/dora
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