: Multikulturelle Friedrichstadtpassage
■ Investorenwettbewerb ging an französischen und amerikanischen Konzern/ 1,4 Milliarden Mark für Projekt veranschlagt/ Baubeginn noch in diesem Spätsommer nach Abriß der alten Passage
Mitte. Der Investorenwettbewerb für die »Friedrichstadtpassage« ist entschieden. Der Zuschlag für das 1,4 Milliarden teure Projekt an der Friedrichstraße zwischen Otto- Nuschke-Straße und Unter den Linden geht an drei der fünf Firmenkonsortien, die sich darum beworben hatten: an den französischen Kaufhauskonzern Galeries Lafayette, an die Bouygues Immobilien, ebenfalls aus Frankreich, und die New Yorker Baufirma Tishman & Speyer, die unter anderem den Frankfurter Messeturm gebaut hat. Nach den Plänen der Architektenbüros Ungers (Köln), Jean Nouvel (Paris) und Pei Cobb Freed (New York) werden dort drei »miteinander harmonierende« Geschäftshäuser mit Büros, etwa 200 Wohnungen, Restaurants und Edelboutiquen errichtet, darunter eine Filiale des Lafayette selbst. Weiter ist an ein Kino gedacht. Eine Halle für »kulturelle Zwecke«, etwa Ausstellungen, wird an die Stadt vermietet. Baubeginn soll im Spätsommer 1991 sein, bis Mitte 1995 hofft man fertig zu werden, so Bausenator Nagel gestern vor der Presse. Die neue Passage soll in der historischen Traufhöhe und auf dem historischen Blockgrundriß gebaut werden. Das bedeutet, daß die alte — schmalere — Breite der Friedrichstraße wieder hergestellt wird und die Querstraßen zwischen den drei Blöcken entgegen ursprünglichen Planungen nicht überbrückt werden. Die Fassaden werden aus Sandstein und reflektierendem Glas gestaltet. Die Passage wird über eine Bruttogeschoßfläche von 120.000 Quadratmetern verfügen, davon 20.000 Quadratmeter für den Einzelhandel. Interessenten werden für einen Laden dann um die 300 Mark für den Quadratmeter auf den Tisch legen müssen. Es wird nur halb soviel Parkplätze wie vorgeschrieben geben.
Jetzt befindet sich auf dem Grundstück der Rohbau der alten Friedrichstadtpassage, die 1987 geplant worden war. Bauherrin war das Centrum-Warenhaus, das bereits 170 Millionen Ostmark — das entspricht 85 Millionen Westmark — investiert hatte. Die 85 Millionen Mark sowie die geschätzten Abrißkosten — 6,5 bis 25 Millionen Mark — werden von den Investoren getragen. Der Rohbau ist zum Abriß vorgesehen, denn er sei zu unwirtschaftlich konzipiert, zudem gebe es überhaupt keine Stellplätze, sagte Nagel. Darüber hinaus werden die drei Konsortien das Grundstück kaufen, das zu 75 Prozent der Treuhand gehört, falls nicht überraschend doch noch ein Alteigentümer auftaucht, meinte der Vertreter der Treuhand, Fink. Die restlichen 25 Prozent gehören pikanterweise der Firma eines deutsch-französischen Konsortiums, das sich vorgestern darüber beschwerte, zu Unrecht von dem Wettbewerb ausgeschlossen worden zu sein (die taz berichtete). Nagel wies diese Vorwürfe zurück: Das Firmenkonsortium habe seine Vorschläge nicht rechtzeitig und vollständig eingereicht. Man werde sich jedoch »einigen«, hofft Fink.
Für das Projekt hatten sich schon Ende letzten Jahres 22 Firmengruppen interessiert. Anfang des Jahres hatte ein Gremium aus Senatsvertretern und Architekten fünf davon ausgewählt, und zwar vor allem nach ihrer »Bonität«. Diese fünf Firmengruppen hatten jeweils drei Architektenbüros beauftragt. Nagel betonte, er habe noch nie erlebt, daß Investoren während eines Wettbewerbs so stark versucht hätten, Einfluß auf die zuständigen Senatoren und den Regierenden Bürgermeister zu nehmen. Es habe jedoch trotzdem ein »transparentes Verfahren« gegeben. Eva Schweitzer
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