INTERVIEW: Münchhausens Abenteuer
■ Ein Gespräch mit Horst Kletke, dem Rechtsanwalt des hin- und hergerissenen Fußballspielers Andreas Möller
Am Mittwoch entschied die Spielerstatutkommission der FIFA, daß Andreas Möller von Eintracht Frankfurt ab der nächsten Saison in Italien zu spielen habe. Dieselbe Kommission erklärte gleichzeitig Möller-Berater und Eintracht-Manager Klaus Gerster zur „persona non grata“. Während für die Entehrung des „Schwarzen Abts“ (Gersters Spitzname) niemand Satisfaktion forderte, stößt die Verbannung Möllers nach Italien auf heftigen Widerstand bei Spieler und Verein. Kaum fünf Stunden danach ließ die Eintracht auf ihrer Pressekonferenz höhnisch Champagner auftragen und geißelte den FIFA-Beschluß als „emotionale Entscheidung ohne logische Begründung“. Möller selbst hatte schon vor drei Wochen den Anwalt der „Vereinigung der Vertragsfußballer“ (VdV), Horst Kletke, hinzugezogen. Dieser hat jüngst dem Schalker Andreas Müller zu seinem Urlaubsentgelt verholfen.
Unser Mitarbeiter Matthias Kittmann sprach mit Horst Kletke über die aktuelle Entwicklung im Fall „Münchhausen“ (wie Möller neuerdings im Speilerkreis gerufen wird.
taz: Andreas Möller sorgt für Vollbeschäftigung unter Beratern, Journalisten und Anwälten. Was verdient man so als Rechtsbeistand von Andy Möller?
Horst Kletke: Das ist eine Frage, die ich mir noch gar nicht vorgelegt habe. Die Aufgabe ist das, was mich interessiert, und die Vorgabe, dem Andy zu helfen.
Am Mittwoch hat die FIFA-Kommission entschieden, daß Möller ab der nächsten Saison in Italien spielt, obwohl er mit keinem der dortigen Vereine einen Arbeitsvertrag hat. Werden Fußballer jetzt an der Warenterminbörse gehandelt?
Nein. Nach unserer Ansicht sowieso nicht. Außerdem hat Andreas Möller entschieden, daß er hier in Frankfurt Fußball spielen will, und genau das werden wir durchsetzen.
Die FIFA sieht in der Entgegennahme von 900.000 DM eine Art Transferzustimmung seitens Möllers.
Möller hat Geld erhalten für die Zustimmung zum Optionsrecht im Transferfall. Das ist etwas kompliziert. Aber man muß unterscheiden zwischen Transfervereinbarungen, die die Vereine untereinander treffen und zwischen Arbeitsverträgen. Entscheidend dafür, wo ein Spieler zum Fußballspielen antritt, ist der Arbeitsvertrag — und so ein Vertrag mit Turin oder Bergamo liegt nicht vor.
Das Geld ist an Andy Möller gegangen?
Andreas Möller hat direkt Geld bekommen.
Wollen Sie im Ernstfall vor den Europäischen Gerichtshof gehen?
Das muß man sehen, welches Gericht letzten Endes angerufen wird. Zunächst werden wir verbandsintern die Berufungsmöglichkeit wahrnehmen. Je nach dem, was dabei herauskommt, ist es nicht ausgeschlossen, daß auch der Europäische Gerichtshof angerufen wird.
Inwieweit ist denn die FIFA überhaupt noch ernst zu nehmen? In der Urteilsbegründung werden zum Beispiel überhaupt keine Fakten dargelegt. Das ist doch wie in einer Bananenrepublik.
Das ist tatsächlich ein Sachverhalt, der mir zu denken gibt. Die FIFA hat gesagt, man habe aufgrund der vorliegenden Fakten entschieden — nur wurden diese Fakten überhaupt nicht vorgelegt. Und weiterhin wurde gesagt, man habe Kontakt aufgenommen mit all denjenigen Personen, bei denen es sich aufgedrängt habe. Wer sich da als erster aufdrängt, wären doch wohl Möller oder wir als seine Vertreter. Es fehlen außerdem ganz, ganz grundlegende rechtsstaatlich anerkannte Verfahrensgepflogenheiten. Nicht einmal das Urteil wurde Möller zugestellt. Das ist natürlich ein Unding.
Möller selbst ist in dem Fall gar nicht gehört worden?
Andy Möller nicht und wir auch nicht. Obwohl wir uns rechtzeitig mit einem zweisprachigen Schriftsatz an die FIFA gewandt haben.
Eintracht Frankfurt kann fünf Millionen DM laut einer Sondervereinbarung mit Möller einstreichen, falls er dieses Jahr doch nach Italien geht. Hat er denn genug auf der hohen Kante?
Auf die Fünfmillionenklausel wird es letzten Endes nicht ankommen. Es besteht hier in Frankfurt zwischen Möller und der Eintracht ein Arbeitsvertrag. Und beide Seiten haben Anspruch darauf, daß der Vertrag erfüllt wird. Wenn beide Seiten auf die Einhaltung bestehen, steht die Fünfmillionenklausel gar nicht zur Diskussion.
Mittlerweile hat sich auch Berti Vogts als Vermittler angeboten. Ist er nun der neue Berater von Andy Möller?
Das sicherlich nicht. Berti Vogts ist nach wie vor Bundestrainer. Aber wenn er etwas Positives zu dieser Situation beitragen kann, ist er herzlich willkommen.
Sie sind als Anwalt in Sachen Fußball noch „ungeschlagen“. Wieviel kann man darauf setzen, daß auch in der nächsten Saison Uwe Bein den gepflegten Doppelpaß mit Andy Möller bei der Eintracht spielt?
Ich halte zwar nichts von Wetten dieser Art, aber da ich unsere Chancen sehr gut einschätze, kann man dabei nicht viel verlieren.
Andy Möller trainiert am 2. Juli immer noch am Riederwald in Frankfurt?
So sieht es aus.
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