■ KURZMELDER: Müller ist sauer
Der Präsident der Akademie der Künste zu Berlin, Heiner Müller, sieht sich in einem Interview mit der französischen Zeitung 'Le Figaro‘ als »Kapitän eines sinkenden Schiffs«, dessen Aufgabe es sei, den Zeitpunkt des Untergangs aufzuschieben. Bei den Vereinigunsverhandlungen sei die Kultur völlig ausgespart worden, klagt Müller. Die Künstler müßten jetzt trotz drohender Massenarbeitslosigkeit eine Grundsatzdebatte führen. Eine düstere Zukunft sieht Müller vor allem für die Theater, von denen nach seiner Prognose einige nicht überleben werden. Zu dem allgemeingültigen »Fernseheffekt« komme bei den ehemaligen DDR-Bürgern noch das Gefühl des Nachholbedarfs, was die Konjunktur für Video- und Pornofilme oder andere minderwertige Produktionen erkläre. Bei den Schriftstellern werden nach Müllers Voraussagen von den rund 400 Mitgliedern des DDR-Schriftstellerverbands fortan höchstens noch 10 von ihrer literarischen Arbeit leben können. Ohnehin könnten »nur vielleicht 20« wirklich schreiben.
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