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„Motor der Pädagogik“

■ Hamburger Gesamtschulen feiern 25jähriges Jubiläum

Mit einer Familienfeier im engen Rahmen feierte die Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule (GGG) am Wochenende im Curio-Haus das 25jährige Bestehen von Gesamtschulen in Hamburg. Zuvor hatte man in der Gesamtschule Horn eine zweitägige Tagung abgehalten. „Wir haben bewußt keine 'Gegner' eingeladen. Es ging mehr darum, Bilanz zu ziehen und Perspektiven zu entwickeln“, sagt der Hamburger GGG-Vorsitzende Gerhard Lein.

Die Idee eines zweigliedrigen Schulsystems zum Beispiel, die der Pädagogik-Professor Klaus Hurrelmann in die Diskussion brachte, lehne man ab. „Wir halten an dem Anspruch fest, das dreigliedrige Schulsystem zu ersetzen“, sagt Lein. Würde man, so wie zur Zeit in Sachsen praktiziert, alle Haupt- und Realschulen auflösen und an die Gesamtschulen „vererben“, gleichzeitig aber die Gymnasien so belassen, wie sie sind, würden die Gesamtschulen einen überproportional hohen Anteil an potentiellen Haupt- und Realschülern bekommen. Lein: „Wenn, dann müßte das dreigliedrige Schulsystem ganz aufgelöst werden.“

Anlaß zum Selbstbewußtsein hat die GGG allerdings. Trotz heftiger Attacken von Seite der CDU mauserte sich die Gesamtschule in den vergangenen 25 Jahren mit einem Schüleranteil von 32,5 Prozent zur zweitgrößten Schulform. Nach dem zaghaften Beginn mit zwei Gesamtschulen im Jahre ,68 (die „intergrierte“ Alter Teichweg und die „kooperative“ Heinrich Hertz) kamen im Rahmen eines Schulversuchs Anfang der 70er Jahre sechs weitere hinzu. Als schließlich 1979 das Elternwahlrecht eingeführt wurde - von Gesamtschul-Befürwortern, die eine politische Grundsatzentscheidung zur Überwindung des dreigliedrigen Schulsystems forderten, heftig kritisiert - setzte ein unerwarteter Boom ein. Zwar verschonte der vorübergehende Rückgang der Schülerzahlen auch die Gesamtschulen nicht. Die Gesamtschule Rahlstedt mußte gar schließen. Doch bis heute kamen 26 neue Standorte hinzu, haben Elterninitiativen dafür gesorgt, das selbst die letzten weißen Flecken wie Blankenese oder Walddörfer nicht mehr gesamtschulfrei sind.

Inhaltlich habe in den 25 Jahren einiges getan, sei die Gesamtschule „Motor der pädagogischen Entwicklung“, sagt Lein. Von der Projektwoche bis zum Betriebspraktikum hätten die gegliederten Schulen, allen voran die Gymnasien, allerhand abgekupfert. Allerdings habe die Gesamtschule auch Korrekturen vorgenommen. Wurde anfangs noch größter Wert auf eine Differenzierung in Leistungsgruppen gelegt (ursprünglich sollte es gar vier Niveaus geben), messe man inzwischen der Kontinuität der pädagogischen Bindungen mehr Bedeutung zu. kaj

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