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Moskauer „Tag der Trauer“

Bei einem „Tag der Trauer“ gedachte die russische Bevölkerung der Opfer des Oktober- Putsches. Tausende zogen an den Särgen der Getöteten vorbei, Fernsehen und Radio hatten ihr Programm umgestellt, Patriarch Alexej II. hielt einen Gottesdienst. „Moskau und Rußland verabschieden sich heute von den Opfern der tragischen Ereignisse des 3. und 4.Oktober“, schrieb Präsident Jelzin in einem Beileidstelegramm. Gemeint waren damit nicht nur die Soldaten, die den Putschisten Widerstand geleistet hatten. Gemeint waren auch all diejenigen, die „durch den kriminellen Willen der Anstifter der bewaffneten Rebellion in die blutigen Ereignisse hineingezogen wurden“. Schon am Mittwoch abend hatte Jelzin bei einer Fernsehansprache daran erinnert, daß die Toten, egal auf welcher Seite sie gestanden hätten, „alle Kinder Rußlands“ gewesen seien. Die russische Regierung sagte den Familien der Toten, deren Zahl mit 189 angegeben wurde, finanzielle Unterstützung zu.

Drei Tage nach den blutigen Auseinandersetzungen „normalisierte“ sich das Leben der Hauptstadt weiter. Zum erstenmal wurden in der Nacht „keine besonderen Vorkommnisse“ mehr gemeldet. Diskussionen gab es jedoch über den Ablauf der von Jelzin nun für den 12. Dezember angekündigten Wahlen.

Während der Präsident bei seiner Ansprache vorgeschlagen hatte, an diesem Tag auch die regionalen Parlamente zu wählen, kritisierte der stellvertretende Ministerpräsident und Jelzin- Vertraute Sergej Schachrai dies. Sollte sich Jelzin entschließen, die örtlichen Sowjets aufzulösen, werde er zurücktreten. Schachrai, der zugleich Beauftragter für Nationalitätenfragen ist, hatte in der letzten Woche zwischen Vertretern der Regionen und Jelzin zu vermitteln versucht und sich dabei für gleichzeitige Parlaments- und Präsidentenwahlen ausgesprochen.

Abgeschafft hat Jelzin unterdessen ein weiteres „Ritual“ der Sowjetzeit. Die Ehrenwache vor dem Lenin-Mausoleum auf dem Roten Platz gibt es nicht mehr. Seit dem 26.Januar 1924 hatten sie Tag und Nacht eine der größten Touristenattraktionen der Hauptstadt bewacht. Ob Lenin nun wunschgemäß und endgültig an der Seite seiner Mutter und seiner Schwester in St. Petersburg beigesetzt wird, blieb vorerst unklar.

Fotos: Heinz Krimmer

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