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Archiv-Artikel

Moor von Regelungslücke geschluckt

ÖKOLOGIE Sümpfe in Mais-Äcker zu verwandeln, müsse verboten werden, verlangt Niedersachsens Nabu – schon aus Klimaschutzgründen. Landesregierung interpretiert Bundesnaturschutzgesetz eigenwillig

Von KNÖ
Wiesen und Sümpfe weichen Maisäckern zur Speisung von Biogasanlagen

Niedersachsens Sümpfe drohen in einer Regelungslücke zu versinken, befürchtet der Naturschutzbund (Nabu). Der Umweltverband hat deshalb verlangt, die schwarz-gelbe Landesregierung müsse die Umwandlung von Mooren in Äcker verbieten. Andernfalls drohe der Lebensraum für gefährdete Tiere und Pflanzen weiter zu schrumpfen und es werde unnötig viel Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre entlassen.

Vieles deutet darauf hin, dass in Niedersachsen in den vergangenen Jahren immer mehr Grünland – Wiesen und Moore – unter den Pflug gekommen ist. Dadurch verändert sich das Landschaftsbild: Wiesen weichen Maisäckern zur Speisung von Biogasanlagen. Vögel wie der Kiebitz und der Brachvogel verlieren ihre Brutplätze. Und falls ein Moor umgebrochen wird, gelangt auf dem Weg über die Gaserzeugung aus Mais besonders viel Kohlendioxid in die Atmosphäre.

Mais auf Ackerboden, der in einer Biogasanlage verbrannt wird, erzeuge 200 Gramm CO2 pro Kilowattstunde, rechnet Uwe Baumert, der stellvertretende Landesvorsitzende des Nabu vor. Auf umgebrochenen Moorböden seien es 700 bis 800 Gramm. Da sei selbst das fossile Erdgas mit 400 Gramm CO2 pro erzeugter Kilowattstunde Energie klimafreundlicher.

Will ein Bauer eine Wiese unter den Pflug nehmen, für die er Subventionen der EU erhält, gilt für ihn seit Oktober 2009 eine Verordnung der Landesregierung. Sie schreibt vor, dass der Landwirt die umgebrochene Wiese anderswo neu anzulegen hat. Die Landesregierung versucht damit den Rückgang des Grünlandes zu bremsen. Zwischen 2003, dem Basisjahr der EU-Verordnung und 2010 verschwanden nach Angaben aus Hannover 6,6 Prozent der niedersächsischen Wiesen.

Nicht erfasst von dieser Regelung und der Statistik sind Wiesen, für die die Bauern keine Beihilfen beantragen und Moore, die ja nicht landwirtschaftlich genutzt werden. Hier gilt das Bundesnaturschutzgesetz: „Auf Moorstandorten ist ein Grünlandumbruch zu unterlassen“, heißt es dort. Die schwarz-gelbe Landesregierung leitet daraus das Recht ab, das Umbrechen im Einzelfall zu genehmigen.

Aus Sicht des Nabu-Mannes Baumert hat das fatale Folgen. Wolle ein Landwirt ein Moor trocken legen, müsse die Untere Naturschutzbehörde binnen 14 Tagen über diesen Antrag entscheiden. Nun sei die Untere Naturschutzbehörde aber nur für geschützte Biotope zuständig und längst nicht jedes Moor sei ein geschütztes Biotop. Im Effekt werde der Umbruch zugelassen, weil ihn die Behörde mangels Zuständigkeit nicht verbieten könne. „Das ist eine Gesetzeslücke“, sagt Baumert, „um die lügt man sich herum“.

Um das Verschwinden der Moore zu stoppen und dessen Folgen abzuwenden, helfe nur ein Verbot: Moore sollten landesweit nicht mehr unter den Pflug genommen werden dürfen. Eine Stellungnahme der Landesregierung stand zu Redaktionsschluss noch aus. KNÖ