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Archiv-Artikel

■ Vom wesentlichen Geschehen mittels banaler Berichterstattung abgelenkt Monarchen wie Berlusconi

betr.: „Die Strandschlacht: Kippt Schröder Berlusconi?“ u. a., taz vom 11. 7. 03

Tatsächlich haben Schröder und Berlusconi mehr gemeinsam, als beiden lieb sein wird.

Schröder ist der Medienkanzler, seine nur wenig ergrauten Haare bieten mehr Anlass zur Spekulation, als die politische Wirklichkeit, die auch unter einer rot-grünen Regierung sich so darstellt, dass die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden. Solange Schröder Medienkanzler bleibt und keine wirksame Opposition von links entsteht, geht der Kurs nach rechts zugunsten der Kapitalbesitzer weiter. Nach Applaus heischt der Kanzler folgerichtig in Shows wie „Wetten dass?“ oder bei Christiansen. Das gemeine, konsumierende Volk, alle abhängig Beschäftigten und auch die Arbeitslosen werden eingelullt durch die Maschinerie der Massenmedien und merken nicht, wie es ihnen ganz heimlich, still und leise an den Kragen geht.

Berlusconi ist da schon einen Schritt weiter. Er hat die Massenmedien in seiner Hand. Er kann bestimmen, mit welchen Informationen Menschen gefüttert werden sollen, um so zu denken wie er. Wenn sie es nicht tun, spielen sie halt in einem KZ-Film den Kapo.

Will damit sagen: Die Ausbeutung dieser Erde geht weiter. Für Profit werden demokratische Strukturen über den Haufen geworfen. Faktische Monarchen wie Berlusconi bestimmen das Spiel. Sie haben die Macht, zu manipulieren. Solange eine ganz kleine Mehrheit besteht, schickt man die Minderheit der sozial Schwachen in den Ruin. Dann sind sie nicht mehr da. Der Rest klatscht Beifall und freut sich über das interessante Programm.

Und jetzt sind wir hier. Ein Bundeskanzler sagt eine Reise ab, die sich derzeit nur wesentlich weniger Leute leisten können als früher. Schröder kritisiert die italienische Regierung zu Recht. In seinem eigenen Lande – sozialpolitisch gesehen – folgt er ihr. Den Medien sei Dank. Auch dafür, dass sie mittels banaler Berichterstattung über die „Italienkrise“ vom wirklich wesentlichen Geschehen ablenken. CLAUS LANGBEIN, Kornwestheim

Also, mal ehrlich: wen juckt’s, wo dieser Mensch seinen Urlaub verbringt? Und wer kann ernsthaft abstreiten, dass wir Deutsche im Urlaub meist Arschlöcher sind? Daheim übrigens auch … Also, warum nicht mal ernsthaft über wichtige Dinge nachdenken? So viele Fragen, so wenig Antworten … ALBERT KELLER, München

Was die Vernunft nicht geschafft hat – bringt es jetzt die Dummheit zustande? Während in den letzten Jahren das Reisen sich hoher Zuwachsraten erfreute, indem die Menschen immer öfter immer weiter reisten und alle Appelle der Umweltschützer auf taube Ohren trafen, scheinen sich plötzlich alle daran zu erinnern, dass man ja auch in der Nähe urlauben könne. Wozu denn in die Ferne schweifen, wenn …

Na ja, in diesem Fall handelt es sich wohl weniger um die Entdeckung, dass das Glück so nah liegt, als um die Einsicht, dass man in der Ferne nur seines Geldes wegen geduldet, aber nicht gemocht wird. Das ist keine bahnbrechende Neuigkeit, aber die bisher funktionierenden Verdrängungsmechanismen haben in Anbetracht der massiven Klartexte aus den Mündern sonst als Berufsverschwurbler gescholtener Politiker ihren Dienst aufgekündigt. Jetzt, als das Unerhörte nicht mehr zu überhören war, gibt man sich nachhaltig beleidigt, weil man erkennen muss, dass auch 20 Jahre im „Hotel Lido Blu“ nicht mit Treueprämien in Form von menschlicher Zuneigung belohnt werden. Das eigene Charisma auf dem „Campeggio Bel Horizonte“ wird durch die Wiedererweckung stereotyper Urteile über die eigene Volksgruppe infrage gestellt.

Aber kann sich die Umwelt wirklich freuen, wenn „Urlaub daheim“ solchen Ressentiments entspringt? Wohl kaum, denn nicht nur „Angst essen Seele auf“, sondern auch Frust. Mein Börsentipp: Brauereiaktien – der heimische Bierkonsum wird steigen!

VOLKER FREYSTEDT, Wörthsee