■ Schläger in Uniform: Mogelstatistik
Sechs Ausländer wurden auf zwei Polizeiwachen mißhandelt, ein vietnamesischer Händler von Polizisten – so ein Zeuge – grundlos zusammengeschlagen, westdeutsche Touristen krankenhausreif geprügelt, die irrtümlich durchs Brandenburger Tor fuhren: nur einige Meldungen des letzten Jahres, bei der die Beamten „etwas härter“ zupackten. Wie oft die Polizei zuschlug, ist unbekannt. Immerhin wurden 1993 in den ersten zehn Monaten 566 Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung gegen Polizisten eingeleitet. Unbeantwortet aber läßt Innensenator Heckelmann (CDU) die entscheidende Frage: Wie viele Polizisten tatsächlich verurteilt worden sind. Statt dessen behauptet der Innensenator in guter Vorwärtsverteidigung, daß sich Beschuldigungen „oftmals als ungerechtfertigt und quasi als Gegenmaßnahme für rechtmäßiges polizeiliches Einschreiten darstellen“. Die Opfer haben es oft umgekehrt erlebt: Sie wurden zusammengeschlagen und mußten sich dann noch schwerster Beschuldigungen bis hin zum Mordversuch gegen Polizisten erwehren. Dementsprechend sieht die Statistik aus: Zwischen 1980 und 1990 wurden jährlich höchstens zwei Polizisten wegen Körperverletzung verurteilt. Mangelnde Identifizierungsmöglichkeiten wegen fehlender Dienstnummern und ein oft beobachtetes, abgestimmtes Aussageverhalten machen es Opfern schwer, zu ihrem Recht zu kommen. Mit seiner präventiven Generalabsolution aber tut Heckelmann den unbescholtenen Polizisten keinen Gefallen. Wer einen üblen Korpsgeist derart verteidigt, anstatt Mißstände offenzulegen und sich von Schlägern in Uniform zu trennen, der schadet letztlich der Polizei. Gerd Nowakowski
Siehe Meldung Seite 19
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