■ Standbild: Mörderische Kunst
Tatort: „Die Apokalyptischen Reiter“, So., 20.15 Uhr, ARD
Wir wussten natürlich von Anfang an, dass nur er es gewesen sein kann: Michael Vogler (Martin Lindow) lächelt zwar ständig so milde, als würde er gerade ein Blockflötenorchester dirigieren, aber er ist es auch, der Kommissarin Lürsen (Sabine Postel) mit verräterischem Funkeln in den Augen Alfred Dürers Holzschnitt „Die Apokalyptischen Reiter“ erklärt. Und nach dessen Vorbild – also mit Schwert, Waage, Bogen und Forke – treibt der Mörder sein Unwesen.
Die Ermittlerin jedoch ist erstmal auch nur Frau, sieht mithin in Michael den Blockflötendirigenten und nicht den wahnsinnigen Kunstliebhaber. Bleibt also genug Zeit vor Lösung des Falls, dass es die Macher des „Tatorts“ aus Bremen mal so richtig krachen lassen.
Bis dato agierten die Ermittler an der Weser ja eher behäbig, und das war vielleicht ganz gut so. Denn bei dem jetzt zum Medienspektakel aufgemotzten Krimi wird das Personal durch eine Reihe von schillernden Institutionen gescheucht, die so schon unendlich oft im Fernsehen zu sehen waren: Da ist die zynische Gameshow, in der der Mörder seine Verbrechen ankündigt. Und da ist die unvermeidliche Sekte, die den bescheuerten Namen „Licht der Welt“ trägt und in einem Rundbau residiert, der wie eine Diskothek aus den Achtzigern blinkt. Die Figuren sind kaum origineller. Wir kennen sie alle: den eitlen Maler, die Kunstkritiker-Schwuchtel und – Gott bewahre! – Thomas Koschwitz, der einen wirr mit den Armen fuchtelnden Moderator spielt, also sich selbst.
Kein Wunder, dass die Drehbuchautoren wie ihre gefühlige Polizistin ins Straucheln geraten. So werden ohne Ende Figuren und Orte ins Spiel gebracht, ohne die Zusammenhänge auszuleuchten. Ausbaden muss das mal wieder der Mörder. Der hält am Ende einen kleinen Vortrag über die Geschichte seiner Traumatisierung, während er mit der für die Tötung vorgesehenen Forke vor dem Gesicht der Kommissarin herumfuchtelt. Ermüdend. Christian Buß
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